Gerstenkorn am Auge richtig behandeln
Wenn es am Augenlid drückt und schmerzt, ist es schwierig, die Finger vom Auge zu lassen. Mit den richtigen Methoden können Sie die Heilung eines Gerstenkorns gezielt unterstützen.

Wir tragen in und auf unserem Körper etwa 2,5 Kilogramm Bakterien mit uns herum. Das sind ganz schön viele Untermieter. Die einen können sich gegen unsere Gesundheit wenden – wenn sie mehr Platz als gewöhnlich erhalten und sich ansammeln.
Was ist ein Gerstenkorn?
Das passiert gerne bei den Talgdrüsen am Augenlid, da diese leicht verstopfen können. Sammeln sich hier Bakterien an, können sie eine Entzündung auslösen. Wohl die meisten von uns wissen, wie sich das anfühlt: Am Augenlid entsteht ein geröteter Knoten, der irritiert und schmerzt – ein Gerstenkorn.
Am häufigsten sorge das Bakterium Staphylococcus aureus für eine solche Infektion, sagt Sandra Lortz, Augenärztin in der Augenklinik Zürich West. «Dieses Bakterium haben wir alle auf unserer Haut. Wenn es sich an einer Stelle ansammelt, wie bei einer verstopften Talgdrüse am Auge, kann das zu einem lokalen Infekt führen, welcher auch als Gerstenkorn bezeichnet wird.»
Das Gerstenkorn sei in der Regel nicht gefährlich und könne sich auch von allein zurückbilden, häufig werde es mit antibiotischer Augensalbe behandelt, um die Heilung zu beschleunigen, sagt die Ärztin. In seltenen Fällen könne sich die Entzündung jedoch auf das ganze Lid ausbreiten. In diesem Fall wird eine Antibiotika-Behandlung mit Tabletten notwendig.
«Wenn sich Bakterien bei einer verstopften Talgdrüse am Auge ansammeln, kann das zu einem lokalen Infekt führen.»
Symptome: Was sind Anzeichen für ein Gerstenkorn?
Wer ein Gerstenkorn hat, bei dem sieht das Augenlid typischerweise so aus:
- Im Lidbereich bildet sich ein geröteter Knoten, der einem Pickel ähnlichsieht und meist geschwollen und schmerzhaft ist.
- Durch die Infektion kann sich der Knoten mit eitrigem Sekret füllen.
- Betroffene empfinden ein unangenehmes Spannungsgefühl.
- Wenn sich das Gerstenkorn auf der Innenseite des Lids befindet, kann – je nach Schwellung – auch die Sicht in seltenen Fällen eingeschränkt sein.
Gerstenkorn oder Hagelkorn?
Kann ein Gerstenkorn nicht vollständig ausheilen, entsteht daraus häufig ein Hagelkorn.
Das Hagelkorn kann aber auch ohne ein vorhergehendes Gerstenkorn entstehen. Auch hier verstopfen die Talgdrüsen am Lid. Beim Hagelkorn kann das Sekret dieser Drüsen nicht mehr richtig abfliessen, es sammelt sich an. Dadurch kommt es zu einer Schwellung.
«Anders als beim Gerstenkorn ist die Schwellung beim Hagelkorn meistens weniger oder gar nicht schmerzhaft, da es zu keiner bakteriellen Infektion gekommen ist», sagt Augenärztin Lortz. Zudem entstehe das Hagelkorn meistens langsamer als das Gerstenkorn.
Normalerweise heile das Hagelkorn wieder gut ab. Wenn es sich jedoch nicht vollständig zurückbildet, sollten Betroffene ärztliche Hilfe suchen.
Ursachen & Risikofaktoren: Wie entsteht ein Gerstenkorn?
Die Entzündung entsteht, weil sich die Talgdrüsen am Augenlid verstopfen – und sich so dort Bakterien ansammeln können.
Wir haben Talgdrüsen am Wimpernkranz, welche die Wimpern mit Talg versorgen. Etwas mehr zur Innenseite des Augenlids befinden sich weitere Drüsen, die mit ihrem Talg dafür sorgen, dass der Tränenfilm, der das Auge befeuchtet, schön fettig bleibt und nicht gleich verdunstet.
Gewisse Menschen neigen eher dazu, dass sich ihre Talgdrüsen am Augenlid verstopfen. «Das liegt oft daran, dass bei diesen Menschen das Drüsensekret etwas zäher ist als normal und sie eine chronische Lidrandentzündung haben», sagt Augenärztin Lortz.
Doch auch andere Ursachen können zu einem Gerstenkorn führen. Dazu zählen:
- Hauterkrankungen wie Rosazea
- Ein schwaches Immunsystem, zum Beispiel bei chronischen Leiden wie einer Autoimmunkrankheit
- Diabetes
- Schuppige Haut, wie oft beim seborrhoischen Ekzem, das gerne an talgdrüsenreichen Hautstellen auftritt
- Mangelnde Augenhygiene: Augen-Make-up abends nicht entfernen oder wenn abgelaufene Kosmetika fürs Auge verwendet werden.
Behandlung des Gerstenkorns?
Die folgenden Massnahmen helfen, den Heilungsprozess eines Gerstenkorns selber zu unterstützen:
- Lidhygiene: Reinigen Sie das betroffene Augenlid mehrmals täglich mit einem frischen Taschentuch und sauberem Wasser von aussen nach innen. Waschen Sie Ihre Hände vor der Reinigung. Alternativ gibt es in der Apotheke auch sterile Reinigungstücher.
- Immunsystem stärken: Sorgen Sie für ausreichend Schlaf, schauen Sie auf eine vitaminreiche und ausgewogene Ernährung.
- Rezeptfreie Salben: Sie können auch entzündungshemmende Salben zur Förderung der Heilung einsetzen. Diese erhalten Sie rezeptfrei in der Apotheke.
Hausmittel gegen ein Gerstenkorn?
Ein Gerstenkorn geht meistens nach einiger Zeit von selbst auf. Dann fliesst der Eiter ab, die Entzündung geht zurück und heilt ab.
Diesen Prozess können Sie mit den folgenden Hausmitteln beschleunigen:
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Wärmewickel fürs Augenlid
Wärme hilft, das Sekret im Gerstenkorn zu verflüssigen und seine Öffnung zu beschleunigen. Expert:innen empfehlen dafür, Schwarzteebeutel zu verwenden. Achtung: Nehmen Sie keine Kamille! Diese kann allergische Reaktionen auslösen.
Kochen Sie die Schwarzteebeutel mit Wasser ab. Legen Sie sie warm aufs Auge. Warten Sie genügend lang, sodass Sie sich nicht am Auge verbrennen.
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Sanfte Massage
Waschen Sie Ihre Hände und massieren Sie mit dem sauberen Finger sanft Richtung Lidkante. Befindet sich das Gerstenkorn am Oberlid, streichen Sie von oben nach unten. Liegt es am Unterlid, streichen Sie von unten nach oben.
So leiten Sie das aufgestaute Sekret in die richtige Richtung. Auf diese Weise können sich die Drüsen besser entleeren.
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Rotlichtlampe oder trockene Wärme
Auch die trockene Wärme hilft, das Sekret zu verflüssigen. So wird die Drüse besser entlastet. Die Anschaffung einer Infrarotlichtlampe lohnt sich, wenn Sie häufiger von einem Gerstenkorn betroffen sind.
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Reinigung mit Babyshampoo
Waschen Sie die Lider und Wimpern mit Babyshampoo – das brennt nicht in den Augen. Diese Massnahme können Sie auch prophylaktisch anwenden, wenn Sie regelmässig unter entzündeten Drüsen am Augenlid leiden.
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Leinöl fürs Talgsekret
Nehmen Sie täglich einen Esslöffel Leinöl ein. Das hilft, das Talgsekret flüssiger und geschmeidig zu machen, um so die Drüsen wieder zu regenerieren – oder auch prophylaktisch etwas für die Drüsen zu tun.
Letzteres ist eine gute Massnahme, wenn Sie zu verstopften Talgdrüsen am Augenlid und damit zu Entzündungen neigen. Das Talgsekret wird so flüssiger. Expert:innen empfehlen, als Prophylaxe über längere Zeit Leinölkapseln einzunehmen.
Wann sollte man zum Augenarzt?
Grundsätzlich sei ein Gerstenkorn nichts Gefährliches, sagt Ärztin Lortz. Hingegen sollte man ärztliche Hilfe aufsuchen, wenn die Schwellung am Augenlid nach mehreren Tagen nicht abklingt, wenn die Schmerzen zunehmen oder weitere Krankheitssymptome dazu kommen.
Mediziner:innen verschreiben in erster Linie antibiotische Augentropfen und Salben. Diese stoppen die Entzündung und sorgen dafür, dass das Gerstenkorn abheilt.
In seltenen Fällen bildet sich ein grosser Abszess. Dann muss das Gerstenkorn in der akuten Phase unter lokaler Betäubung entlastet werden. Das komme aber selten vor, sagt Lortz.
Gerstenkorn ausdrücken: Geht das?
«Wir empfehlen, das Augenlid sanft zu massieren – und so etwas Druck aufzusetzen, damit sich der Knoten öffnen kann», sagt Lortz. Die Hände dafür unbedingt vorher waschen und ein frisches Taschentuch verwenden.
Verlauf: Wie lange dauert ein Gerstenkorn?
Ein Gerstenkorn heilt in der Regel von allein innerhalb von ein bis zwei Wochen aus. Ist das nicht der Fall, sollten Betroffene ärztliche Unterstützung suchen.
Versuchen Sie während dieser Zeit, das Auge so weit wie möglich in Ruhe zu lassen und nicht ständig mit den Händen ans Auge zu fassen. Das kann sonst die Heilung verzögern.
Chronische oder immer wiederkehrende Leiden
Wer immer wieder oder chronisch an einer Entzündung am Augenlid leidet, für den kann die Augenpflege in der Arztpraxis unter Umständen hilfreich sein. «Wir arbeiten in solchen Fällen mit der Lichtpuls-Therapie», sagt Augenärztin Lortz.
Die sogenannte IPL-Therapie eignet sich, um die Funktion der Lidranddrüsen zu verbessern. Ist diese gestört, ist der Tränenfilm auf dem Auge entweder instabil, läuft immer wieder ab (Tränen) oder verdunstet zu früh (Augenbrennen). Dies führt zu einer Reizung und Entzündung der Bindehaut.
Am meisten, so schreiben Expert:innen, profitierten Patient:innen von der IPL-Therapie, die unter der Hautkrankheit Rosazea leiden und in diesem Zusammenhang eine chronische Lidranddrüsenunterfunktion und Lidrandentzündung haben.
Nicht hilfreich ist die IPL-Therapie hingegen bei allergischen Augenproblemen sowie bei hormonellen Ursachen.
Ist ein Gerstenkorn ansteckend?
Ein Gerstenkorn ist ansteckend, da die Bakterien über eine Schmierinfektion weitergegeben werden können. Das heisst: Fasst sich jemand mit einem Gerstenkorn ins Auge und berührt danach Oberflächen wie etwa Türklinken oder Geschirr, können sich andere Menschen anstecken, wenn diese die gleichen Stellen anfassen.
«Bindehautentzündungen sind viel stärker ansteckend als das Gerstenkorn.»
Die Ansteckungsgefahr sei jedoch gering beim Gerstenkorn, sagt Augenärztin Lortz. Nicht zuletzt auch, weil wir alle den Haupterreger für ein Gerstenkorn – das Bakterium Staphylococcus aureus – auf unserer Haut tragen und unser Organismus den Erreger kennt.
Ist unsere Immunabwehr jedoch geschwächt, ist das Risiko einer Ansteckung höher. «Jedoch sind etwa Bindehautentzündungen viel stärker ansteckend als das Gerstenkorn», sagt Lortz.
Bei Kindern ist die Ansteckungsgefahr generell höher, da sie sich häufig in die Augen fassen und die Handhygiene weniger gut ist. Sollte man Kinder mit einem Gerstenkorn zur Kita oder Schule schicken? Solange die Kinder keine weiteren Krankheitssymptome zeigten, sei dies kein Problem, sagt Lortz.