Ernährung für eine gesunde Psyche: Geht das?
Bestimmt unser Essen tatsächlich, wie wir uns fühlen? Lernen Sie, welche Gewohnheiten und Nahrungsmittel wahre Glücklichmacher sind – ja sogar gegen Depressionen und Ängste helfen.
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Oft greifen wir zu Süssem oder Fettigem, wenn wir uns schlecht fühlen. Doch der Glücksmoment hält nicht weit über den leergeputzten Teller hinaus, denn wir fühlen uns danach häufig noch schlechter als zuvor.
Kein Wunder – denn Sich-glücklich-Essen geht genau andersherum: Wie immer mehr Studien zeigen, unterstützen bestimmte Ernährungsformen und Nahrungsmittel unsere psychische Gesundheit positiv – und wirken sogar gegen Depressionen und Angstzustände.
Einfluss der Ernährung auf die psychische Gesundheit
Auf unzähligen Ratgeberseiten und in den sozialen Medien werden uns immer mehr Nahrungsmittel, Nährstoffe oder Supplements angepriesen, die unser psychisches Wohlbefinden steigern sollen. Um jedoch den Zusammenhang zwischen unserer Ernährung und unserer Psyche genauer zu verstehen, müssen wir an der Basis ansetzen.
Rund um die Uhr steuert unser Gehirn alle Vorgänge in unserem Körper, um uns erfolgreich am Leben zu erhalten. Das Gehirn schickt dafür Energie an unterschiedliche Stellen im Körper – etwa zum Herzen, damit dieses schlägt, zur Lunge für die Atmung, hinunter zum Darm für die Verdauung oder zu den Hormonen, die unzählige Prozesse im Körper regeln.
«Es geht nicht nur darum, was wir essen, sondern auch darum, wie wir dem Essen gegenüber eingestellt sind und es zu uns nehmen.»
Braucht der Verdauungstrakt plötzlich mehr Energie, kann das Gehirn die Prozesse im Körper weniger gut regulieren. Das passiert zum Beispiel, wenn wir extrem fettige und schwer verdauliche Nahrung gegessen haben, zu viel Zucker unseren Insulinpegel auf eine Achterbahnfahrt schickt oder wir gestresst im Stehen ein Sandwich heruntergeschlungen haben und deshalb Adrenalin unseren Körper flutet.
Was haben Bakterien mit unserer Laune zu tun?
Das wirkt sich auf unser Wohlbefinden aus: Wir empfinden eher Unbehagen und Erregung – statt uns nachhaltig gesättigt, behaglich und ruhig zu fühlen. Hält dieser Zustand an – zum Beispiel wenn wir uns über längere Zeit ungesund ernähren, weil wir uns im Job gestresst fühlen oder in der Partnerschaft Probleme haben, verstärkt das unsere negative Empfindung und drückt auf die Psyche.«Es geht nicht nur darum, was wir essen, sondern auch darum, wie wir dem Essen gegenüber eingestellt sind und es zu uns nehmen», sagt Gregor Hasler. Der Psychiater und Psychotherapeut ist Professor an der Universität Freiburg. Als Arzt befasst er sich seit mehreren Jahren mit der Ernährung und ihrer Auswirkung auf unsere Psyche. Soeben ist sein neustes Buch «Was uns wirklich nährt» erschienen.
Im Fokus der Forschung steht besonders das Mikrobiom: also die Gesamtheit der Bakterien in unserem Darm. Die bakterielle Zusammensetzung im Darm unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. So zeigen etwa Studien, dass das Mikrobiom von depressiven Menschen anders aussieht als jenes von gesunden Menschen: «Es zeigt eine geringere Vielfalt an Bakterien. Das schlägt auf die Stimmung», sagt Hasler.
Denn: Nimmt die Vielfalt der Bakterien ab, kommt es zu einem Ungleichgewicht im Mikrobiom. Das führt dazu, dass das Immunsystem nicht mehr optimal stimuliert wird, der Darm nicht mehr nur Nährstoffe, sondern auch Giftstoffe an seine Umgebung abgibt und die Darmhormone ausser Balance geraten. Das kann zu psychischen Krankheiten führen, darunter auch Depression.
Kommunikation zwischen Darm und Gehirn
Zudem hat die Wissenschaft immer mehr Hinweise darauf, dass der Darm direkt Informationen ans Gehirn sendet – die ebenfalls mitbestimmen, wie wir uns fühlen. Beide Organe kommunizieren miteinander über die sogenannte «Darm-Hirn-Achse». Welche Informationen genau vom Darm hoch ins Gehirn wandern, weiss die Wissenschaft noch nicht genau.
Fest steht jedoch: «Der Darm ist ein hochkomplexes Organ – ja ein Sinnesorgan. Wir wissen heute, dass auf der Darm-Hirn-Achse etwa 80 Prozent der Informationen vom Darm ins Gehirn wandern – und nicht umgekehrt, wie dies lange angenommen wurde», sagt Hasler.
Diese Lebensmittel sorgen für schlechte Laune
Wer also seinem Darm und seinem Körper etwas Gutes tun und die Psyche positiv unterstützen möchte, der sollte bei den Nahrungsmitteln genauer hinschauen. Denn es gibt zahlreiche Lebensmittel, die für schlechte Laune sorgen, zu Depressionen und Angstzuständen führen oder diese verstärken können.
Zu viel Zucker
Fertiggerichte und Fast-Food
Alkohol
Koffein
Zu wenig Flüssigkeit
Ernährungsgewohnheiten, die der Psyche guttun
Gewisse Lebensmittel schlagen auf unsere Stimmung, andere heben die Laune. «Für unsere Psyche ist es jedoch noch viel wichtiger, wie wir essen», sagt Professor Gregor Hasler. So beeinflusst eine Ernährungsumstellung zum Beispiel auf eine kohlenhydratarme Ernährung oder mehr Probiotika und Antioxidantien die Darm-Hirn-Achse positiv und kann die psychische und körperliche Gesundheit stärken.
7 Ernährungsgewohnheiten, die gute Laune machen:
Selber kochen
Ausgewogenheit macht zufrieden
Vielfalt macht den Unterschied
Achtsamkeit beim Essen
Tafeln in Gesellschaft
Mini-Fasten
Auf den Bauch hören
Das sind die Stimmungsmacher auf Ihrem Teller
Wer die positiven Ernährungsstrategien für eine gesunde Psyche kennt, sollte in einem nächsten Schritt die richtige Wahl bei den Lebensmitteln treffen. Hier gilt laut Undine Lang jedoch: «Das Geheimrezept für die Psyche gibt es aus wissenschaftlicher Sicht bis jetzt noch nicht.» Lang ist Direktorin der Klinik für Erwachsene und Privatklinik der Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel (UPK).
«Das Geheimrezept für die Psyche gibt es aus wissenschaftlicher Sicht bis jetzt noch nicht.»
Bisher fehlt es dazu noch an der notwendigen klinischen Evidenz. Dennoch hat die Wissenschaft immer mehr Anhaltspunkte dafür, was der Psyche guttut. Zum Beispiel:
Kost des Mittelmeers
Gute Fette machen glücklich
Probiotika für Ihren Darm
Vitamine für starke Nerven
Potente Proteine
Komplexe Kohlehydrate
Guter Ballast für die Seele
Antioxidantien als Anti-Stress-Helfer
Fermentiertes für mehr Freude
Ernährung bei Depressionen – was sollte man essen?
Wer an einer Depression leidet, für den gelten die genannten Ernährungstipps gleichermassen. «Auch wenn es uns in der Wissenschaft noch an zahlreichen Evidenzen im Bereich der Ernährung bei Depression fehlt, so ist es für Betroffene ganz wichtig zu verstehen, dass sie über die Nahrung aktiv selber etwas für Ihr Wohlbefinden tun können», sagt Psychiaterin Undine Lang.
Die wirkungsvollste Massnahme sieht die Expertin in mehr Achtsamkeit im Leben. Studien haben gezeigt, dass mehr Achtsamkeit lebensverlängernd wirkt. «Sie müssen dazu nicht meditieren, aber sich zum Beispiel Zeit nehmen fürs Kochen, miteinander essen, vielleicht mit Freunden, sich mit allen Sinnen auf diesen Moment fokussieren.»
Gregor Hasler
Der Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Freiburg/Schweiz ist ebenfalls Chefarzt und Leiter der psychiatrischen Forschungsabteilung des Freiburger Netzwerks für Psychische Gesundheit. Seit vielen Jahren beschäftigt Gregor Hasler sich als Wissenschaftler und Kliniker mit Gewichtsproblemen und Essstörungen, Stress und Depression.
Undine Lang
Die Psychiaterin leitet als Direktorin die Klinik für Erwachsene und Privatklinik der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK). Zudem ist Undine Lang Ordinaria der Universität Basel für das Fach Psychiatrie und hat über 200 wissenschaftliche Publikationen und mehrere Büchern veröffentlicht.