Gesunder Schlaf: So klappt’s
Wer seine Gesundheit optimieren möchte, darf den Schlaf nicht ausser Acht lassen. Das Bewusstsein um die Wichtigkeit unserer Nachtruhe hat zugenommen – dennoch schläft jede dritte Person in der Schweiz schlecht. Lernen Sie hier, wie es anders geht!
Inhaltsverzeichnis
Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir schlafend. Und trotzdem sind die Funktionen des Schlafs nach wie vor relativ unbekannt. Was die Forschung jedoch weiss: Im Schlaf arbeitet der Körper für unsere Gesundheit. Er regeneriert Zellen, stärkt das Immunsystem, reguliert den Hormonhaushalt und verarbeitet die Informationen des Tages.
Im Schlaf mistet unser Gehirn aus
Während wir schlafen, ist unser Gehirn weiterhin aktiv. Zum einen arbeitet das Gehirn an unserer Neuroplastizität. Dabei handelt es sich um die Anpassungsfähigkeit und Veränderbarkeit unserer Synapsen, Nervenzellen oder ganzer Hirnareale. Die Neuroplastizität ist die Grundlage für alles Lernen. Jeden Tag verknüpfen sich unzählige Nervenzellen. Daher mistet das Gehirn nachts die Verknüpfungen aus, die wir nicht mehr brauchen, um neue Kapazität in unserer Schaltzentrale zu schaffen. Das bedeutet: Relevante Synapsen bleiben erhalten und werden gestärkt, Wichtiges wird im Gedächtnis verankert, Unwichtiges fliegt raus. Dieses Ausmisten findet besonders während des Tiefschlafs statt. Zum anderen transportiert das Gehirn während des Schlafs auch schädliche Stoffwechselprodukte ab. Diese entstehen tagsüber bei der Aktivität im Gehirn. Ist unser Schlaf gestört, wird dieser wichtige Reinigungsprozess behindert.
Schlaf beeinflusst praktisch alle Prozesse im Körper
Während wir schlummern – aber besonders im Tiefschlaf –, reguliert der Körper unzählige Prozesse, die für unsere Gesundheit zentral sind: Allen voran regenerieren sich die Zellen unseres Körpers. Auch der Hormonhaushalt reguliert sich. Das hat unmittelbar Einfluss auf unseren Metabolismus – also darauf, wie wir Nahrung verstoffwechseln, und darauf, wie wir uns fühlen und wie gut die Abwehrkräfte unseres Immunsystems sind. So kann unzureichender Schlaf etwa zu Übergewicht, Stimmungsschwankungen oder Immunschwäche führen. Zudem stärkt der Schlaf unsere kognitiven Fähigkeiten, die Speicherkapazität unseres Gehirns und unsere Aufmerksamkeit.
Schlaf ist wichtig für unsere Psyche
Schlaf und psychische Gesundheit stehen in einem engen Wechselspiel miteinander. Schauen wir uns dieses Zusammenspiel deshalb etwas genauer an: Einzelne schlechte Nächte oder Phasen von schlechtem Schlaf sind ganz normal in unserem Leben. Doch wenn solche Phasen anhalten, kann das Folgen für unsere Psyche haben. Deshalb ist es wichtig, dass Betroffene frühzeitig Hilfe suchen – denn Schlafprobleme können relativ schnell chronisch werden und sind dann umso schwieriger loszuwerden. Schlafexpert:innen sprechen von einer chronischen Schlafstörung oder Insomnie, wenn eine Person über einen Monat hinweg mindestens dreimal die Woche schlecht einschlafen, durchschlafen oder nicht ausreichend schlafen kann.
Die Insomnie ist die am weitesten verbreite Schlafstörung. Ebenfalls stark verbreitet ist die Schlafapnoe. Hier setzt bei Betroffenen die Atmung während des Schlafens immer wieder aus, was den Schlaf stark stört. Viele Betroffene seien sich dessen nicht bewusst, sagt Schlafexperte Björn Rasch. Umso wichtiger ist eine Abklärung, wenn man über mehrere Wochen hinweg schlecht schläft. Anders als die Insomnie kann die Schlafapnoe mit einer Atemhilfe recht einfach behoben werden.
Sowohl die Insomnie wie auch die Schlafapnoe machen Betroffene risikofreudiger, reizbarer und unkonzentrierter. Mehr noch: Sie können Angststörungen, Depressionen oder Süchte auslösen und das Gedächtnis beeinträchtigen. Zur Verdeutlichung: Psychisch gesunde Menschen mit schweren chronischen Schlafstörungen laufen fünf bis zehn Jahre später ein rund doppelt so hohes Risiko, an einer Depression zu erkranken. Auch von einer Depression geheilte Personen mit Schlafstörungen laufen ein höheres Risiko, erneut zu erkranken.
«Unser Schlaf ist wie ein Barometer, das anzeigt, wie es unserer Psyche geht.»
Wer nicht schlafen kann, sollte seine Psyche anschauen
Andersrum schlafen wir schlechter, wenn wir unausgeglichen und gestresst sind oder in einer Krise stecken. «Unser Schlaf ist wie ein Barometer, das anzeigt, wie es unserer Psyche geht», sagt Rasch. In akuten Krisen sind wir uns dessen bewusst – aber in alltäglichen Belastungssituationen weniger. Daher sollten wir uns fragen, was uns tagsüber in unserem Alltag belastet; wo zum Beispiel der Erwartungsdruck an uns selbst zu hoch ist oder berufliche und soziale Verpflichtungen zu viel sind. «Dort können wir ansetzen, um uns besser zu fühlen – und so auch wieder besser zu schlafen», sagt Rasch.
Dass die Psyche unser mächtigstes Werkzeug für einen guten Schlaf ist, belegen auch die Erfolge der Psychotherapie bei Menschen mit chronischen Schlafstörungen. «Die Psychotherapie ist mittlerweile zur Standardbehandlung bei Insomnien geworden – und zeigt nachhaltig positive Wirkung», sagt Rasch.
Die Qualität des Schlafs ist immer subjektiv
Die Qualität des Schlafs ist körperlich nur schwer messbar – sie liegt meist eher im subjektiven Empfinden der einzelnen Person. Genauso wenig kann die Insomnie körperlich gemessen oder diagnostiziert werden, da ihr häufig kein organisches Problem im Körper zugrunde liegt.
Schlafrhythmus, Schlafphasen & Co. – diese Mythen zum Schlaf sollten Sie kennen
Nur wer nachts nicht aufwacht, hat einen gesunden Schlaf. Schäfchenzählen hilft beim Einschlafen. Oder acht Stunden Schlaf sind optimal. Um unseren Schlaf ranken sich zahlreiche Mythen. Wir haben sechs davon genauer unter die Lupe genommen:
Schlafmangel: Wer nicht gut schläft, sollte früher ins Bett
Schlafphasen: Der Schlaf vor Mitternacht ist besonders erholsam
Optimale Schlafdauer I: Wir brauchen mindestens acht Stunden Schlaf
Optimale Schlafdauer II: Zu wenig Schlaf wirkt sich negativ auf unsere Lebensdauer aus
Schlafhormon Melatonin: Handykonsum vor der Nachtruhe erschwert das Einschlafen
Störfaktoren: Der Vollmond erschwert den Schlaf
Gelassen bleiben
Der geeignete Schlafrhythmus: Aus weniger wird mehr
Optimale Schlafdauer: Schlaffenster anpassen und zu regelmässigen Zeiten schlafen
Schaffen Sie tagsüber mehr Entspannung, um nachts besser zu schlafen
Über den Experten
Björn Rasch ist Professor am Departement für Psychologie der Universität Freiburg. Er leitet dort die Abteilung kognitive Biopsychologie und Methoden, zudem betreibt er Grundlagenforschung zum Schlaf. In seinem 2021 erschienenen Buch «Schlaf. Rasch erklärt» geht er umfassend auf Schlafprobleme und Schlafstörungen ein und erläutert, was Betroffene dagegen tun können.