Dossier: Ernährung

Gesund abnehmen: Darauf sollten Sie achten

Wenn es ums Abnehmen geht, gibt es unzählige Diäten, Mittel und Tipps. Doch was hilft wirklich, wenn Sie gesund abnehmen wollen?

Text: Laurina Waltersperger; Foto: Sebastian Doerk

Für die einen ist der Wunsch, abzunehmen, ein ständiger Begleiter, für andere kommt er dann, wenn mal wieder die Hose zwackt. Egal wie akut oder chronisch der Wunsch nach weniger Kilos ist – für die meisten Menschen ist der Weg dorthin mühsam.

Gesund abnehmen mit der richtigen Ernährung

Das muss nicht sein. Es lohnt sich, zuerst die eigene Situation zu analysieren – anstatt sich gleich in eine Diät zu stürzen: «Wer erfolgreich abnehmen will, der muss als Erstes sein eigenes Essverhalten kennenlernen», sagt Gregor Hasler. Das sei der erste Schritt zur Besserung, sagt der Psychiater und Buchautor, der sich seit einigen Jahren mit dem Thema Ernährung befasst.

So gehen Sie vor: Schreiben Sie ein Esstagebuch, in dem Sie alle Mahlzeiten und Snacks notieren.

«Wer erfolgreich abnehmen will, der muss als Erstes sein eigenes Essverhalten kennenlernen.»
Gregor Hasler, Psychiater und Ernährungsexperte

Das Tagebuch offenbare rasch, dass wir in der Summe jeden Tag zu viele Kalorien zu uns nehmen, sagt Hasler. Egal welche Diäten, Mittel oder Nahrungsmittel beim Abnehmen helfen sollen: «Wer Gewicht reduzieren möchte, der kommt nicht darum herum, die Kalorienzahl zu reduzieren», sagt der Experte.

Mit diesen Tipps streichen Sie unnötige Kalorien von Ihrem Speiseplan:

Schluss mit Süssgetränken und Säften

Ihr erster Schritt: «Lassen Sie alle Süssgetränke oder Säfte weg», rät Experte Hasler. Oft enthalten diese Getränke Zucker oder Süssstoffe. Das «Verbot» gilt auch für Smoothies, auf die heute viele Menschen schwören.

Der Grund: «Für unser Sättigungsgefühl und die Verdauung sind möglichst unzerkleinerte Gemüse und Früchte das Beste», sagt Ernährungsexperte Gregor Hasler.

Essen Sie daher lieber den Stangensellerie und Spinat als Salat – anstatt im Smoothie-Glas. Kauen und Beissen sind wichtig, damit der Körper merkt, dass er Nahrung bekommt. Das senkt den Appetit und tut auch der Verdauung gut.  

Gesunden Ballast laden

Setzen Sie auf Ihrem Speisezettel nun Gemüse und Früchte ganz nach oben. Sie enthalten viel natürliche Ballaststoffe. Diese erzeugen im Magen ein Völlegefühl und führen dazu, dass wir uns satt fühlen.

Zudem sind sie für den Darm gesund. Sie sind komplex beschaffen, was dazu führt, dass sie Nährstoffe im Darm wie ein Gitter zusammenhalten. Das sorgt dafür, dass der Darm diese Nährstoffe langsamer aufnimmt.

«Es kommt zu einem mehrstufigen Verdauungsprozess – währenddessen neue Nährstoffe entstehen», sagt Experte Hasler. Das sei die ideale Art der Verdauung.

Auf Zucker verzichten

Wer abnehmen will, sollte auf zuckerreiche Nahrung wie Süsses und einfache Kohlenhydrate (z.B. Weissbrot, weisser Reis, Ketchup, gezuckerte Salatsauce) verzichten. Diese treiben das Insulin rasch hoch, das der Körper braucht, um den Zucker abzubauen.

Je schneller der Anstieg, desto rapider auch der Abfall des Insulins. Diese Insulinachterbahn führt dazu, dass wir schneller wieder Hunger haben – und tendenziell mehr essen.

Dem Alkohol abschwören

Die Wissenschaft weiss heute: Alkohol ist wie flüssiges Fett für den Körper. Denken Sie an Bier – und den Bierbauch dazu. Zudem verlangsamt der Alkohol die Stoffwechselprozesse im Körper und ist bereits in kleinsten Mengen nachweislich schädlich für die Gesundheit.

Fachpersonen  empfehlen daher, ganz auf Alkohol zu verzichten – besonders wenn Sie richtig abnehmen möchten.  

Auf Proteine setzen

Eiweisse machen eher satt als Fette oder Zucker, weiss die Wissenschaft. Das können Sie zu Ihrem Vorteil nutzen, wenn Sie abnehmen wollen: Schauen Sie, dass jede Mahlzeit Eiweiss enthält.

Zu den guten Eiweissen zählen: Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen (besonders Hanfsamen haben einen hohen Proteinanteil), Milchprodukte, Fisch, Eier, Käse, mageres Fleisch oder Sojaprodukte.

Komplexe Kohlenhydrate wählen

Verzichten Sie auf die sogenannten kurzen Kohlenhydrate, die vorwiegend aus einfachem Zucker bestehen. Dazu zählen: Weissbrot, weisser Reis, zuckerhaltige Saucen und Fertigprodukte.

Setzen Sie hingegen auf längere Kohlenhydrate, die eine komplexere Zuckerstruktur aufweisen. Dazu gehören neben Früchten und Gemüsen auch Vollkornpasta, lang gebackenes Sauerteigbrot oder Quinoa.

Der Vorteil: Dank der komplexen Struktur braucht der Körper länger, um den Zucker aus der Nahrung zu lösen. Das sorgt dafür, dass das Insulin weniger stark und langsamer ansteigt. Damit vermeiden Sie ein rasch wiederkehrendes Hungergefühl oder Heisshungerattacken.

Stoffwechsel anregen: Funktioniert das?

Unser Stoffwechsel spielt eine zentrale Rolle beim Abnehmen. Ist er träge, läuft auch die Fettverbrennung im Körper auf Sparflamme. Umso wichtiger ist es, den Stoffwechsel anzuregen – damit die Kilos schmelzen.

«Ohne Bewegung kann man nicht abnehmen.»
Gregor Hasler, Psychiater und Ernährungsexperte

Der beste «Brennstoff» für den Stoffwechsel ist Bewegung. «Das muss kein Sport sein. Spazieren, zu Fuss die Einkäufe erledigen oder mit Ihren Kindern spielen reicht», sagt Experte Hasler. «Was zählt, sind die Schritte am Tag. Denn: Ohne Bewegung kann man nicht abnehmen.»

Wichtig ist auch, wann Sie aktiv sind. Immer mehr Studien zeigen, dass wir unseren Stoffwechsel fördern, wenn wir uns gleich nach einer Mahlzeit bewegen. Machen Sie deshalb einen Verdauungsspaziergang nach dem Essen oder nehmen Sie die Treppe im Büro. «Lange wurde der Mittagsschlaf gepredigt – aber genau das Gegenteil fördert die Verdauung», sagt Hasler.  

Flohsamenschalen und Co.: Gibt es Hausmittel zum Abnehmen?

Auch zahlreichen Hausmittelchen wird nachgesagt, dass sie beim Abnehmen helfen. Erfahren Sie hier, welche Mittel Sie tatsächlich bei der Gewichtsreduktion unterstützen:

Flohsamenschalen

Die Samenschalen der Indischen Flohsamenpflanze helfen beim Abnehmen. Einerseits führen sie schneller zur Sättigung, wobei sie wenig Kalorien enthalten. Andererseits enthalten Flohsamenschalen viele gesunde Ballaststoffe, die Ihre Verdauung fördern und auch gegen Verstopfungen helfen.

So gehen Sie vor: Trinken Sie unmittelbar vor dem Essen Ihre Mischung aus Wasser und Flohsamenschalen. Lassen Sie diese etwa 15 Minuten quellen, bevor Sie sie trinken. Die vorgequollenen Flohsamenschalen haben bei der Einnahme bereits ordentlich Flüssigkeit aufgenommen. Dank ihres Volumens füllen sie den Magen.  

Wasser

Der einfachste Appetitzügler ist nur eine Hahnendrehung entfernt: Wasser. Wenn Sie Hunger verspüren, trinken Sie als Erstes ein paar Gläser Wasser. Und warten Sie ab. Meistens schwindet das Hungergefühl.

Letztlich funktioniert der Magen recht mechanisch. Will heissen: Es geht um das Volumen, das ihn füllt. Das kann gut auch Wasser sein. Füllt sich der Magen, signalisiert er dem Gehirn, dass er Nahrung bekommen hat. Das Hungergefühl schwindet.

Gemüse und Obst

Ein anderer guter Appetitzügler ist Kauen. Dieser Vorgang im Mund signalisiert dem Gehirn ebenfalls, dass der Körper Nahrung bekommt. Der Hunger nimmt ab. Hierzu eignen sich Obst oder Gemüse.

Wichtig: Am besten essen Sie die Lebensmittel ganz und roh. Zudem sollten Sie Obst und Gemüse mit möglichst wenig Zucker wählen. «Jede Süsse ist bereits wieder eine Einladung für mehr», sagt Ernährungsexperte Gregor Hasler. Eine gute Option sind Stangensellerie, Lauch, ganze Gurken und ganze Äpfel.

Tee

Auch Tees helfen, den Appetit zu reduzieren. Eine bestimmte Teesorte gibt es jedoch nicht. Probieren Sie aus, was Ihnen schmeckt und welche Sorte für Sie am besten wirkt.

Kaffee

Es ist nachgewiesen, dass Koffein eine appetitzügelnde Wirkung hat. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Zu viel Kaffee kann Nervosität, innere Unruhe oder Angstzustände fördern und den Körper dehydrieren. Trinken Sie Kaffee in moderaten Dosen.

Kann man ohne Sport abnehmen?

In der Theorie zählt vor allem die verminderte Kalorienzahl zum Abnehmen. Jedoch ist das definitiv kein gesundes Vorgehen. Denn Bewegung ist zentral fürs gesunde Abnehmen. Sie ist der beste «Brennstoff» für die Fettverbrennung.

Es muss hingegen nicht zwingend Sport sein. Ernährungsexperte Gregor Hasler rät in vielen Fällen sogar von Sport ab. «Jogging erhöht etwa das Risiko für Arthrosen, und beim Leistungssport entstehen oft Veränderungen in Knochen und Gelenken, die lebenslang Schmerzen verursachen können.»

Setzen Sie auf leichte Formen der Bewegung, die sich einfach in Ihren Alltag integrieren lassen: Steigen Sie Treppen, gehen Sie zu Fuss zum Einkauf oder zur Arbeit, spazieren Sie im Wald, spielen Sie mit Ihren Kindern.

Kann man mit Medikamenten gesund abnehmen?

Grundsätzlich sind Medikamente nicht zum Abnehmen geeignet, da sie nur wirken, während man sie einnimmt – und sie oft zu Fehlverhalten bei den Betroffenen führen. Im Stil von: Ich kann beim Essen überborden, danach nehme ich eine Abnehmspritze oder eine Abführpille.

Abnehmspritzen

Die Spritzen zur Gewichtsreduktion sind zurzeit in aller Munde, da die Erfolge verblüffend sind. Wie erste Studien mit einem neuen Wirkstoff zeigen, der das Darmhormon GLP1 imitiert, können Menschen so bis zu 25 Prozent ihres Körpergewichts abnehmen.

Das Darmhormon GLP1 spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Stoffwechsels im Körper. Die Spritzen optimieren diesen Stoffwechsel. «Rein medizinisch ist das ein grosser Erfolg», sagt Hasler.

Für die breite Masse, die abnehmen will, seien solche Spritzen jedoch nicht geeignet. «Ich würde die Spritzen höchstens in Fällen empfehlen, in denen alle vorhergehenden Massnahmen zur Gewichtsreduktion erfolglos geblieben sind.» Die Arznei sei vielmehr für Diabetes-Patient:innen geeignet, um ihre Stoffwechselkrankheit besser einzustellen. Zudem wisse die Wissenschaft zurzeit noch nichts über mögliche langfristige Nebenwirkungen des GLP1-Wirkstoffs.  

Abnehmpillen

Seit vielen Jahren gibt es zudem auch Abnehmpillen mit dem Wirkstoff Orlistat. Er hemmt die Fettverdauung. Damit bleibt ein Teil des Fettes unverdaut, das über die Nahrung im Darm landet, und wird wieder ausgeschieden. «Diese Pillen fördern stark das Fehlverhalten», sagt Experte Hasler.

Bei der Arbeit mit Patient:innen beobachtet er, dass Betroffene vermehrt zu Eskapaden beim Essen neigen – da man danach einfach eine «Fettstopper-Pille» einwerfen kann. «Das setzt falsche Anreize und ist fürs gesunde und nachhaltige Abnehmen nicht geeignet», so Hasler.

Abnehmen im Schlaf: Geht das?

Studien haben klar gezeigt, dass es zwischen unserer Schlafdauer und unserem Gewicht einen Zusammenhang gibt. Es gilt: Wer über längere Zeit sehr wenig schläft, nimmt im Durchschnitt vermehrt zu.

«Unsere Studien zeigen, dass die Regelmässigkeit beim Schlaf für unser Gewicht – und natürlich auch fürs Abnehmen – extrem wichtig ist.»
Gregor Hasler, Psychiater und Ernährungsexperte

Wohl jede und jeder hat das schon mal erlebt: Wenn wir sehr wenig geschlafen haben, wachen wir oft bereits mit Hunger auf. In der Regel essen wir an solchen Tagen insgesamt mehr als an Tagen mit normalem Schlaf.

«Unsere Studien zeigen, dass die Regelmässigkeit beim Schlaf für unser Gewicht – und natürlich auch fürs Abnehmen – extrem wichtig ist», sagt Hasler. Er empfiehlt deshalb, wann immer möglich, regelmässige Schlafzeiten von mindestens sieben Stunden.

Diese Regelmässigkeit gilt auch für die Mahlzeiten. Legen Sie drei Uhrzeiten für Ihr Frühstück, Mittag- und Abendessen fest. Dazwischen sollten idealerweise mindestens vier Stunden liegen, sagt Hasler. Drei Mahlzeiten pro Tag genügen bei Jugendlichen und Erwachsenen.

Wie stark diese Regelmässigkeit wirkt, lässt sich gut am Gegenbeispiel veranschaulichen: Sie reisen in den Urlaub und leiden an Jetlag. In diesem Moment kommt Ihre innere Uhr durcheinander, Sie haben mehr Hunger, essen tendenziell mehr und auch ungesünder. «Deshalb nehmen viele Menschen im Urlaub auch zu», sagt Hasler.

Gregor Hasler ist Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Freiburg in der Schweiz.

Über den Experten

Gregor Hasler ist Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Freiburg sowie Chefarzt und Leiter der psychiatrischen Forschungsabteilung des Freiburger Netzwerks für psychische Gesundheit. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich als Wissenschaftler und Kliniker mit Gewichtsproblemen, Essstörungen, Stress
und Depressionen.

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