«Ich besitze nichts, was man mir wegnehmen könnte»

Alan Frei besitzt nur Dinge, die für ihn dringend notwendig sind. Vom Rest hat er sich nach und nach getrennt. Und lebt seitdem glücklicher und frei von Verlustängsten.

Text: Robert Wildi; Fotos: Sebastian Doerk

«Ja, ich bezeichne mich als Minimalisten: Ich besitze heute nur noch rund 80 Gegenstände», sagt Alan Frei. Noch lieber nennt er sich aber einen «Optimierer» – einen, der selbst die Weichen stellt, um so frei, unabhängig und unbelastet wie möglich zu leben. Möglichst wenig zu besitzen ist eher ein Nebeneffekt davon. Der Tod seines Vaters hat ihn erstmals mit dem Thema konfrontiert. «Ich realisierte beim Räumen des Elternhauses, dass dort unzählige Gegenstände seit 30 Jahren herumstanden und lagerten, ohne dass sie jemand benutzt hätte. Mir wurde klar, dass sich der Besitz von zu vielen Dingen für mich eher nach Ballast anfühlt.»

«Mit jeden Gegenstand weniger gewann ich mehr Freiheit»
Alan Frei

Minimalismus: weniger Angst, mehr Glücksgefühle

Das befreiende Gefühl, sich von Überflüssigem zu trennen, motivierte Frei. Er begann, sich aktiv mit Minimalismus auseinanderzusetzen. Auch bei sich zu Hause. Er füllte nicht weniger als sechzehn 110-Liter-Abfallsäcke mit Dingen, die für sein Leben weder Bedeutung hatten noch einen Zweck erfüllten. «Das Faszinierende: Mit jedem Gegenstand weniger gewann ich mehr Freiheit, Freiraum und Zeit für mich», so Frei. Und mit jedem Stück verlor er auch ein Stück Angst vor Verlust. Dies wurde ihm so richtig bewusst, als vor gut einem Jahr in seine damalige Wohnung eingebrochen wurde, als er nicht zu Hause war. «Der wohl etwas verdutzte Einbrecher fand bei mir nichts, was er hätte mitnehmen wollen.» So sei er wieder abgezogen, ohne dass nur ein einziger Gegenstand in Freis Wohnung gefehlt habe. «In mir breitete sich ein echtes Glücksgefühl aus. Ich besitze nichts mehr, was es sich wegzunehmen lohnt.»

Ist Minimalismus als Lebensstil für alle geeignet?

Mittlerweile hat er gar seine Wohnung aufgegeben und lebt im Hotel. Er könne heute aus tiefster Überzeugung sagen, dass sich seine Lebensqualität als «Minimalist» oder eben «Optimierer» eindeutig verbessert habe. Minimalismus als Lebensziel für die breite Masse? Missionieren ist nicht Freis Ding. Denn mit wie viel materiellem Besitz sich jemand am wohlsten fühle, sei sehr individuell. Jeder Mensch verknüpfe dies mit anderen Werten und Überzeugungen. Nicht einmal eine künftige Beziehung würde er davon abhängig machen. «Wenn jemand diesen Lebensstil aus freien Stücken ausprobieren will, dann würde ich das natürlich unterstützen und bei Interesse jederzeit gern von meinen Erfahrungen erzählen.»

Mehr Zeit für Wesentliches

Seit Frei nach seinem Prinzip lebt, verspürt er ein stärkeres Bewusstsein für das Wesentliche in seinem Leben und nimmt sich auch mehr Zeit dafür. «Zurzeit schreibe ich an einem Buch für Start-ups und 2026 möchte ich in der Disziplin Skeleton an den Olympischen Winterspielen in Mailand teilnehmen.» Sein Lebensstil fühle sich wie ein Optimierungsprozess an, der nie zu Ende gehe.

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