Kampf den multiresistenten Keimen

Im Gegensatz zu anderen Bakterien bleiben bei multiresistenten Keimen eine Vielzahl von Antibiotika wirkungslos. Die Ursache des Problems ist aber auch ein Teil der Lösung.

Text: Laurina Waltersperger

Bilder: iStock

6 Min

14.07.2022

Wenn wir ein Antibiotikum einnehmen, dann soll das schädlichen Keimen in unserem Körper den Garaus machen. Dazu setzt die Industrie Wirkstoffe ein, die aus der Natur stammen: genauer aus Pilzen und Bakterien, die Antibiotika produzieren, um sich vor Eindringlingen zu schützen. 

 

Was sind multiresistente Keime?

Doch heute wirken einige Antibiotika nur noch bedingt oder gar nicht mehr. Der Grund: Viele Bakterien sind resistent gegen die Arzneien geworden. Das hat damit zu tun, dass die Humanmedizin sowie die Landwirtschaft bei der Tierhaltung weltweit seit den 1940er-Jahren immer mehr Antibiotika eingesetzt haben.

Bakterien lassen sich das nicht einfach so gefallen. Auch hier bedienen sie sich eines natürlichen, biologischen Vorgangs: Sie bilden Resistenzen, um zu überleben. Dieses Phänomen gibt es, seit es Bakterien gibt. 

Das bedeutet: Jedes Mal, wenn wir ein Antibiotikum einnehmen, töten wir zwar schädliche Bakterien – aber davon profitieren auch die Bakterien, die dem Antibiotikum gegenüber bereits resistent geworden sind. Sie können sich so weiter ausbreiten.   

Wie werden Bakterien resistent gegen Antibiotika?

Wenn sich Bakterien vermehren, müssen sie ihr Erbgut kopieren. Bei diesem Vorgang kann es zu Fehlern kommen. So entstehen Mutationen. Bestimmte dieser Mutationen führen dazu, dass ein Bakterium resistent gegen gewisse Antibiotika wird. 

Zudem gibt es verschiedene Mechanismen, die Bakterien helfen, Resistenzen aufzubauen. Hierzu nennt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Wesentlichen vier: Einmal können bestimmte Bakterien das antibakterielle Medikament ausstossen. Andere Bakterien schaffen es, ihre Zellhülle so zu verändern, dass das Antibiotikum nicht mehr eindringen kann, um es zu zerstören. 

Wieder andere Bakterien sind wahre Zauberer: Sie bringen es fertig, Medikamente so chemisch zu verändern, dass sie nicht mehr wirken. Andere Keime modulieren die Eiweisse auf ihrer Oberfläche so, dass ein Antibiotikum nicht mehr andocken kann. 

Ab wann spricht man von multiresistenten Keimen?

«Das Beunruhigende daran ist, dass zahlreiche gefährliche Bakterien immer mehr solcher Resistenzen aufweisen», sagt Andreas Kronenberg. Der Infektiologe leitet das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen ANRESIS, das von der Universität Bern geführt und vom BAG unterstützt wird. 

Bestehen mehrere Resistenzen im gleichen Bakterium, sprechen die Fachpersonen von multiresistenten Keimen. Gegen sie kann die Medizin nur noch ausgewählte Antibiotika wirksam einsetzen. Hinzu kommen Bakterien, die gegen alle vorhandenen Antibiotika resistent sind. Die Fachwelt nennt diese panresistente Keime. Bei ihnen bleiben alle vorhandenen Antibiotika wirkungslos. 

Wie gefährlich sind multiresistente Keime?

Wer eine Infektion mit antibiotikaresistenten Keimen hat, bei dem verlängert sich oft die Behandlung, weil verschiedene Antibiotika eingesetzt werden müssen, um die Infektion in den Griff zu bekommen. «Antibiotikaresistenzen verursachen Todesfälle, sie verlängern Spitalaufenthalte und sorgen für hohe Behandlungskosten», sagt Andreas Kronenberg. Global nehmen solche Infektionen zu. 

Für die Schweiz schätzt das BAG, dass die Krankheitslast bei etwa 85 Infektionen pro 100 000 Einwohner:innen liegt und jährlich etwa 300 Menschen an Infektionen mit resistenten Erregern sterben. Die Schweiz ist damit im Verhältnis zur Bevölkerungszahl weniger stark von solchen Infektionen betroffen als Frankreich oder Italien, aber stärker als die Niederlande oder die skandinavischen Länder. 

Einzelne solche Fälle werden durch Keime verursacht, die gegen alle Antibiotika resistent sind. «Diese panresistenten Bakterien sind besonders gefährlich, da sie die Behandlung bei Patient:innen extrem erschweren können», sagt Kronenberg. In der Schweiz kämen diese Keime jedoch sehr selten vor. 

Oft führen offene Wunden, die sich jemand im Ausland zugezogen hat, zu solchen Schwerstinfektionen. Teilweise helfe dort nur noch die Amputation der betroffenen Gliedmassen, um eine Blutvergiftung im ganzen Körper zu vermeiden, sagt Kronenberg. Glücklicherweise sei es in der Schweiz bislang nur in wenigen Fällen so weit gekommen. 

 

«Antibiotikaresistenzen verursachen Todesfälle, sie verlängern Spitalaufenthalte und sorgen für hohe Behandlungskosten.»

Andreas Kronenberg, Professor am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern

Wie kann man sich anstecken?

Die Gefahr einer Ansteckung droht vor allem im Ausland. Zudem – und das sind sich die wenigsten Menschen bewusst –, sorgen Tourismus und Lebensmittelimporte für die schnellste Verbreitung resistenter Bakterien. Aber auch hierzulande gibt es einige Hotspots für multiresistente Keime. Lernen Sie, worauf Sie achten sollten: 

  • Reisen im Ausland

    «Am häufigsten stecken sich Menschen im Ausland mit multiresistenten Keimen an», sagt Infektiologe Andreas Kronenberg. Ein Beispiel: Ein junger Mann aus der Schweiz reist nach Indien – ein Land, das durch seinen sehr hohen Antibiotikaeinsatz sehr viele multiresistente Keime hat. Der Mann fällt von einer Rikscha und bricht sich das Bein. 

    Der Bruch ist offen und er muss in ein Krankenhaus. Dort gelangen gefährliche Bakterien über die offene Wunde in seinen Körper. Die Wunde entzündet sich stark. 

    Zurück in der Schweiz können ihn die Ärzt:innen wegen eines multiresistenten Keims nur noch mit den sogenannten Reserveantibiotika behandeln. Das sind Antibiotika, die bei starken Resistenzfällen eingesetzt werden. 

    «Solche Fälle stellen Spitäler hierzulande vor grosse Herausforderungen, da Patient:innen mit multiresistenten Keimen sehr aufwendig isoliert werden müssen, damit sie die Keime nicht an andere Patient:innen oder das Personal weitergeben», sagt Kronenberg. 

    Reisende sollten deshalb besonders in Ländern mit gefährlicher Resistenzlage aufpassen. Dazu zählen zum Beispiel Indien, Griechenland oder die Türkei. In solchen Ländern gelangen multi- oder gar panresistente Keime besonders über Wasser oder Nahrung in unseren Körper oder auf unsere Haut. 

    «Wer im Ausland zum Arzt oder in ein Krankenhaus muss, der hat ein besonders hohes Risiko, sich mit einem multiresistenten Keim anzustecken», sagt Kronenberg. Tests von zurückgekehrten Tourist:innen hätten gezeigt, dass viele von ihnen mit gefährlichen Keimen besiedelt seien. 

    Das an sich ist noch kein Problem. Es wird erst gefährlich, wenn Betroffene eine offene Wunde oder ein geschwächtes Immunsystem haben. Zudem können Betroffene diese Keime an geschwächte Menschen in ihrem Umfeld weitergeben – oder in einem Spital verbreiten. 

    «Deshalb ist es wichtig, dass jeder, der innerhalb von zwölf Monaten nach einer Reise in der Schweiz eine medizinische Einrichtung aufsucht, die Reise erwähnt», sagt Kronenberg. Solche Hinweise helfen, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, damit sich die Keime nicht verbreiten können.

  • Spitäler und medizinische Einrichtungen

    In Gesundheitseinrichtungen ist die Anzahl resistenter Keime vergleichsweise hoch, da sich Bakterien hier in einem Umfeld befinden, in dem sehr häufig Antibiotika zur Behandlung von Patient:innen eingesetzt werden. 

    Das führt dazu, dass Bakterien besonders eifrig Resistenzen aufbauen, damit sie überleben können.

    In diesem Umfeld werden die resistenten Keime einerseits durch den Kontakt zwischen Patient:innen, ihren Besucher:innen und dem Pflegepersonal übertragen. Andererseits können die Keime auch über kontaminierte Oberflächen oder Medizinprodukte zum Menschen gelangen. 

  • Fleischwaren

    Ein Hotspot der Keime lauert in der Küche. Und zwar dann, wenn Sie rohes Fleisch zubereiten – insbesondere rohes Geflügel. «Knapp drei von vier Poulets, die Sie im Supermarkt kaufen, sind mit sogenannten ESBL-Kleimen besiedelt», sagt Experte Kronenberg. 

    Bei diesen Keimen handelt es sich um Darmbakterien, die einen Resistenzmechanismus gegen eine Reihe von Antibiotika entwickelt haben. Dazu gehören Antibiotika aus den Gruppen der Penizilline und Cephalosporine.

    Deshalb sei es wichtig, das Fleisch ausreichend durchzubraten sowie Schnittbrett, Messer, Küchenoberflächen und Hände gründlich mit Seife zu reinigen.  

    Weit seltener können resistente Keime auch Milchprodukte, Eier, Meeresfrüchte sowie Gemüse und Obst kontaminieren.

  • Haus- und Nutztiere

    Resistente Keime können zudem auch vom Tier – etwa von der Hauskatze oder einem Kälbli auf dem Bauernhof –, bei Kontakt mit dem Tier auf den Menschen übertragen werden. Und auch umgekehrt können wir Menschen nach einer Antibiotikabehandlung resistente Keime an Tiere weitergeben. 

  • Abwasser in Flüssen und Seen

    Auch wir Menschen scheiden multiresistente Keime über den Toilettengang aus – besonders nach einer Antibiotikabehandlung. Obschon heutige Kläranlagen 99 Prozent dieser Keime auffangen – dies schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) –, landen trotzdem noch multiresistente Keime in Flüssen, Seen oder Grundwasserreserven. 

    Die Wahrscheinlichkeit sei jedoch für Menschen sehr gering, über diesen Kreislauf multiresistente Keime aufzunehmen, sagen Expert:innen.  

  • Gülle auf Feldern

    In der Viehzucht setzen Landwirte heute zwar wesentlich weniger Antibiotika ein – seit 2014 hat sich der Einsatz fast halbiert. Dennoch werden noch immer viele Tiere entsprechend behandelt.

    Auch sie scheiden resistente Keime aus – und diese gelangen als Gülle auf die Felder. Auf diese Weise können multiresistente Bakterien auf Pflanzen, Gemüse oder Obst kommen, ins Grundwasser sickern oder in Flüsse und Seen geschwemmt werden. 

Symptome: Wie merkt man, dass man einen Keim hat?

Grundsätzlich ist es normal, dass uns bestimmte resistente Keime auf der Haut, den Schleimhäuten und im Darm besiedeln. Diese Bakterien werden erst dann zum gesundheitlichen Problem, wenn sie sich zu stark vermehren können und so zu einer Infektion im Körper führen. 

Bei diesen häufigen Infektionen können multiresistente Keime dahinterstecken: 

  • Blasenentzündung

    Fast jede zweite Frau erleidet mindestens einmal in ihrem Leben eine Blasenentzündung, sagt die Statistik. Dafür ist in der Regel das Darmbakterium Escherichia coli verantwortlich. Vermehrt es sich dort übermässig, kommt es zur Infektion. In der Regel lässt sich diese gut mit Antibiotika behandeln, sofern die Entzündung nicht selber abklingt. 

    Sehr häufig seien jedoch Frauen nach der Menopause von chronischen Blasenentzündungen betroffen, sagt Infektiologe Andreas Widmer. Die hormonelle Umstellung begünstigt solche Entzündungen. Bei diesen Frauen sei eine Behandlung oft schwierig, weil die Antibiotika über längere Zeit eingesetzt werden – und so an Wirkung verlieren, da die Bakterien resistent werden. 

    Eine Blasenentzündung macht sich mit diesen Symptomen bemerkbar: brennender Schmerz beim Wasserlösen, starker, plötzlicher Harndrang, obwohl kaum Urin gelöst wird, Schmerzen im Unterleib, teilweise Fieber, Schmerzen in der Nierengegend. 

  • Lungenentzündung

    Verschiedene Bakterien können über unsere Atemwege in die Lunge gelangen und dort eine Entzündung auslösen. Am häufigsten handelt es sich um Pneumokokken. 

    Wer krankheitsbedingt länger im Spital liegen muss, bei dem können auch Bakterien wie Klebsiella pneumoniae oder Staphylococcus aureus zu einer Lungenentzündung führen – besonders wenn die Immunabwehr der betroffenen Person bereits sehr geschwächt ist, gerade auch nach einer viralen Infektion mit dem Grippevirus (Influenza). 

    Zu den Symptomen einer Lungenentzündung zählen in allen Fällen hohes Fieber, starker Husten (im Verlauf mit Auswurf), Atemnot, ausgeprägte körperliche Schwäche. 

    Expert:innen empfehlen hier gerade älteren Betroffenen, ihre Sauerstoffsättigung im Blut zu messen, wenn sie unsicher sind, ob es sich um eine ernsthafte Entzündung handelt. Solche Messinstrumente kann man für wenige Franken in der Apotheke kaufen und sie sind einfach am Finger anwendbar. Auch moderne Sportuhren machen solche Messungen. 

    «Die Sauerstoffsättigung ist der wichtigste Indikator für eine schwere Infektion», sagt Infektiologe Widmer. «Liegt die Sättigung unter 90 Prozent, müssen Sie zum Arzt gehen.»

    Auch hier gibt es Bakterienstämme, die bestimmte Resistenzen gegen Antibiotika aufweisen. Das gilt vor allem für Bakterien in Spitälern, weil sie dort in höherer Anzahl vorhanden sind und wegen des hohen Antibiotikaeinsatzes besonders resistent werden. 

  • Darminfektion

    Es ist ganz normal, dass wir eine Vielzahl schädlicher Bakterien im Darm haben. Sie können uns krankmachen, wenn sie sich zu stark vermehren und Oberhand gewinnen. Dann kann es zu einer Infektion kommen. 

    Besonders nach einer Antibiotikabehandlung ist die Darmflora geschwächt. Dieser Zustand kann eine weitere schwere Darminfektion mit Clostridioides difficile begünstigen.

    Zu den Symptomen einer Darminfektion zählen Fieber, starker oft anhaltender Durchfall, Bauchschmerzen und -krämpfe. Ohne hohes Fieber heilen diese Infektionen meist ohne Therapie ab. Ist das Fieber jedoch hoch, sollten Sie dringend zum Arzt gehen.

  • Wundinfektion/Blutvergiftung

    Gelangen Bakterien in eine offene Wunde auf der Hautoberfläche oder im Körper, können sie dort ebenfalls Entzündungen auslösen. 

    Die Symptome sind: Rötungen um die Wunde auf der Hautoberfläche, die Körperstelle wird warm und schwillt an, Eiterbildung, möglich sind Schüttelfrost und Fieber. Wandert die lokale Entzündung in den Körper, kann es zu einer Blutvergiftung kommen. Die Anzeichen dafür sind: schweres Krankheitsgefühl, Fieber und Schüttelfrost, erhöhte Atmung, Verwirrtheit, verminderter Harndrang.   

Behandlung: Wie wird man multiresistente Keime wieder los?

In der Regel werden die Infektionen mit den dafür vorgesehenen Antibiotika behandelt. Dass es sich um einen resistenten Keim handelt, wird daher oft erst klar, wenn die Standardtherapie nicht anschlägt. 

Heute testen Ärzt:innen aber immer häufiger auch vor der Therapie auf Resistenzen. Solche diagnostischen Abklärungen sind gerade bei grossen Wundinfektionen angezeigt. Das gilt vor allem für Betroffene, die ein höheres Risiko tragen, von multiresistenten Keimen besiedelt zu sein. Dazu zählen Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind. In der Viehzucht gibt es viele resistente Keime, die auch auf den Menschen übertragen werden. 

Diagostische Tests braucht es auch für ältere Menschen, die im Pflegeheim wohnen und bei denen es zu einer Infektion kam – oder für Menschen, die sich ihre Wunde im Ausland zugezogen haben. «Dort ist die Resistenzlage in vielen Regionen wie Indien, Griechenland oder den Balkanländern besorgniserregend», sagt Andreas Widmer, Infektiologe und Präsident des Nationalen Zentrums für Infektionsprävention.  

«Die Tests sind wichtig, damit möglichst alle schädlichen Keime entdeckt werden und so gleichzeitig optimal behandelt werden können», sagt Widmer.

Studien haben gezeigt, dass hohe Dosen Antibiotika über einen kurzen Zeitraum therapeutisch sinnvoller sind als geringe Mengen, die über einen längeren Zeitraum verabreicht werden. «Wir versuchen, möglichst rasch alle Keime abzutöten», sagt Widmer. Je besser das gelinge, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit, dass gewisse Keime überleben und Resistenzen bilden. 

Bei komplizierten Infektionen gibt es klare Behandlungsrichtlinien, entlang derer Ärzt:innen dann unterschiedliche Antibiotika einsetzen. Weist ein Bakterium besonders viele Resistenzen auf, wird ein sogenanntes Reserveantibiotikum eingesetzt; als letzte Behandlungsoption. 

Die Reservepräparate dürfen nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden – damit möglichst wenige Bakterien gegen diese letzten Rettungsanker resistent werden können und die Präparate möglichst lange wirksam bleiben.  

«In Regionen wie Indien, Griechenland oder den Balkanländern ist die Resistenzlage besorgniserregend.»

Andreas Widmer, Präsident des Nationalen Zentrums für Infektionsprävention

Die häufigsten multiresistenten Keime

«Zahlreiche Massnahmen für einen geringeren Antibiotikaeinsatz in der Humanmedizin und beim Tier haben dazu geführt, dass sich die Resistenzsituation bei den Bakterien im Bereich der Humanmedizin stabilisiert hat», sagt Infektiologe Widmer. 

Dennoch gilt es, einige der multiresistenten und damit krank machenden Keime im Auge zu behalten. «Am meisten Sorge macht uns die Entwicklung bei den Darmbakterien Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae», sagt Widmer. Sie zählen zu den häufigsten Bakterien, die Infektionen beim Menschen hervorrufen. «Bei diesen Bakterien beobachten wir immer häufiger multiresistente Stämme.» 

Ebenfalls im Fokus stehen seit einigen Jahren die sogenannten ESBL-Keime. Hier handelt es sich um verschiedene Darmbakterien (vor allem Escherichia coli), die gegen eine grosse Bandbreite von Antibiotika aus der Kategorie der Penizilline resistent sind. «Leider nimmt die Anzahl der ESBL-Keime weiter zu», sagt Widmer. 

Das liegt einerseits daran, dass diese Keime untereinander Resistenzen leicht weitergeben können. Andererseits sind auch Reisende dafür verantwortlich: «Wer aus Ländern in Fernost in die Schweiz zurückkehrt, ist häufig mit diesen Erregern besiedelt, auch wenn er oder sie nicht erkrankt», sagt Widmer. In der Regel seien diese Menschen für über ein Jahr Träger dieser Keime. 

 

In der Viehzucht beobachten Expert:innen eine starke Zunahme des Bakteriums Staphylococcus aureus (MRSA). «Besonders Mastbetriebe mit Schweinen sind davon betroffen – weil dort vergleichsweise viel Antibiotika eingesetzt werden», sagt Widmer. 

Vom Schwein kommen die Keime rasch zum Menschen: Wie Untersuchungen gezeigt haben, sind neben Landwirten, die Schweine halten, auch deren Familienangehörige meist mit diesen Keimen besiedelt. 

«Am meisten Sorge macht uns die Entwicklung bei den Darmbakterien Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae.»

Andreas Widmer, Präsident des Nationalen Zentrums für Infektionsprävention
Andreas Kronenberg

Der Infektiologe ist Professor am Institut für Infektionskrankheiten an der Universität Bern. Er leitet daneben das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen ANRESIS, das als nationales Überwachungssystem und Forschungsinstrument für Antibiotikaresistenzen und Antibiotikakonsum agiert. 

 

Zu ANRESIS

Andreas Widmer

Der Infektiologe ist emeritierter stellvertretender Chefarzt an der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene am Universitätsspital Basel. Zudem ist er der Gründer und Präsident von Swissnoso, dem Nationalen Zentrum für Infektionsprävention.

 

Zu Swissnoso