Richtig dehnen
Stretching oder nicht, konstant oder federnd, vor oder nach dem Sport: Über das Dehnen kursieren viele Unklarheiten. Wir klären auf.
Was ist Stretching?
Stretching – auf Deutsch: Dehnen oder Strecken – zielt darauf ab, Muskeln, Sehnen und Bänder flexibel zu halten. Und es kann dabei helfen, sich zu entspannen und Stress zu reduzieren.
Was bewirkt Stretching?
Im Vergleich zu regelmässiger Bewegung und gezieltem Krafttraining spricht die Wissenschaft dem Dehnen keinen messbaren Nutzen zu. «Bis heute können wir nicht sagen, ob es Verletzungen vorbeugt oder Muskelkater reduziert, geschweige denn, uns überhaupt flexibler macht», erklärt Physiotherapeut Sebastian Cormier.
Wann und wie oft sollte man dehnen – täglich?
Das klingt ernüchternd, aber: «Kann man bestimmte Bewegungen wegen fehlender Beweglichkeit nicht ausführen, verhilft tägliches Dehnen oft zu einem kurzfristigen Erfolg.» Für viele fühlt sich das Dehnen einfach gut an – vergleichbar mit einem Juckreiz, der sich nach dem Kratzen kurzfristig bessert. Langfristig passen sich Bindegewebe und Muskelfasern durch regelmässiges Training an die Reize an und die Beweglichkeit nimmt zu.
Dehnen vor oder nach dem Training?
Dehnen und Krafttraining
Dehnen bei Muskelkater
Video: 5 Minuten Dehnübungen für den ganzen Körper
Lust, Ihren Körper zu stretchen? In unserem 5-minütigen Trainingsvideo zeigen wir Ihnen Dehnübungen für den ganzen Körper, die sich einfach in Ihren Alltag integrieren lassen.
Statisch vs. dynamisch: Wie dehne ich richtig?
Ob Sie auf statisches oder dynamisches Stretching setzen, hängt von der Sportart, dem Zeitpunkt und Ihren individuellen Möglichkeiten ab.
Studien zeigen beispielsweise, dass statisches Dehnen mit einem konstanten Zug auf Bänder und Muskeln vor gewissen Trainings die Leistungsfähigkeit verringern kann. Nach dem Training sorgen statische und ruhige Dehnübungen für mentale Entspannung.
Beim dynamischen Stretching werden die Muskeln aktiv und kontrolliert bewegt – in kreisenden oder schwingenden Bewegungen. Aber Achtung: «Wippende Bewegungen können kontraproduktiv sein: Das Nachfedern am Ende eines natürlichen Beweglichkeitsgrades birgt für Laien ein Verletzungsrisiko», warnt der Physiotherapeut aus Winterthur.
Alternativen zum Stretching
Lässt sich die Beweglichkeit in den Gelenken auch mit anderen Methoden erhöhen? Die Antwort lautet ganz klar: ja. Ein paar Beispiele:
- Faszientraining: Das beste Mittel gegen Verklebungen und Verspannungen ist die Faszienrolle. Beim Abrollen werden die Bindegewebefasern wieder strukturiert und dadurch elastischer und geschmeidiger.
- Yoga: Wer seinen ganzen Körper dehnen möchte, sollte Yoga in seine Routine aufnehmen. Eine besonders effiziente Dehnung gelingt mit dem Sonnengruss, so Experte Cormier. «In dieser Übungsabfolge steckt alles, was man braucht. Und sie kann an jegliches Niveau angepasst werden.»
- Krafttraining: Zahlreiche Studien belegen, dass sich durch die Stärkung verschiedener Muskelgruppen auch die Beweglichkeit nachweislich erhöht.
- Massage: Bei der medizinischen Massage werden Ihre Muskeln aufgewärmt und Verklebungen zwischen Muskeln und Faszien gelöst. Dies kann die Beweglichkeit im Gelenk fördern.
Über den Experten
Sebastian Cormier ist Physiotherapeut, Manual-Therapeut und Sportwissenschaftler im Medbase Zentrum WIN4 in Winterthur.