Social Freezing: Wenn der Kinderwunsch auf Eis liegt

Mit Social Freezing können Frauen den Alterungsprozess ein Stück weit austricksen. Expertin Brigitte Leeners im Gespräch über Social Freezing in der Schweiz.

Text: Katharina Rilling

Bilder: iStock

5 Min

22.06.2022

Prof. Brigitte Leeners, Direktorin der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie am Universitätsspital Zürich, erklärt, was es mit Social Freezing auf sich hat und warum es Sinn macht, sich schon früh über die eigene Fruchtbarkeit zu informieren.

Prof. Leeners, wenn ich meine Eizellen einfrieren lasse, wo liegen sie dann?

Sie werden innert weniger Sekunden eingefroren und in mehrfach gesicherten Stickstofftanks gelagert. Bei uns am USZ sind sie extrem gut geschützt: Wir haben Warnsysteme bei Stromausfall, brandschutzgesicherte Räume und der technische Dienst ist Tag und Nacht verfügbar. So können Sie sicher sein, dass die Eizellen zur Verfügung stehen, wenn Sie sie brauchen. 

Wie lange werden eingefrorene Eizellen aufbewahrt?

In der Schweiz darf man Eizellen zehn Jahre lang lagern.

Spielt es für die Qualität der Eizellen eine Rolle, ob ich sie nach fünf oder erst zehn Jahren auftauen lasse?

Nein. In den USA gibt es sogar Fälle, bei denen eingefrorene Eizellen nach rund 30 Jahren eingesetzt wurden. Die zehn Jahre sind vor allem eine politisch-rechtliche Entscheidung und weniger eine medizinische. 

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Ist es möglich, dank Social Freezing erst mit 50 Jahren oder später Kinder zu bekommen?

Erst mal: Das Schöne ist, dass Frauen heute auch in höherem Alter gesünder sind als früher. Natürlich muss man, wenn man eine Schwangerschaft anstrebt, den Gesundheitszustand sorgfältig prüfen. Wir klären ab dem Alter von 45 Jahren sehr genau ab, wie hoch das Risiko bei einer Schwangerschaft wäre. 

Aber möglich wäre es …

Natürlich limitiert uns die Biologie trotz allem. Denn je näher eine Frau ans Ende ihrer Fruchtbarkeit kommt, desto schwieriger wird es, genügend reife Eizellen zu gewinnen. Im Schnitt führt ungefähr jede sechste Eizelle zu einer Schwangerschaft. Optimalerweise entnimmt man ca. 15 Eizellen, aber nur reife Eizellen können genutzt werden. Ein Nachreifen ausserhalb des Körpers ist nur schwer möglich. Leider sind nie alle Eizellen reif, die wir gewinnen. Das heisst, man braucht häufig mindestens zwei Durchläufe, um genügend reife Eizellen zu erhalten.

Also: Um mit 50 Jahren schwanger zu werden, müsste man die Eizellen mit 40 eingefroren haben. Das ist nicht unmöglich, aber auch nicht einfach. Und bei einer 50jährgen Mutter gibt es natürlich ausgeprägte Risiken für Mutter und Kind, die sehr klar für Schwangerschaften in jüngerem Alter sprechen.

Wann ist der ideale Zeitpunkt für Social Freezing?

Eine Frau hat mit 25 das ideale Alter, um schwanger zu werden. Bis etwa 35 bleibt die Wahrscheinlichkeit auf einem sehr hohen Level. Das ist auch das Alter, in dem die meisten Eizellen eingefroren werden. Die Frauen machen sich nun Gedanken über das Thema. Die meisten, die zu uns kommen, haben noch keinen passenden Partner gefunden. Seltener möchten sie sich erst mal, ohne die tickende biologische Uhr zu hören, um ihre Karriere kümmern. Sie möchten sich vom Stress, dass es irgendwann zu spät ist, befreien und sich die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, offenhalten. 

Ist die Behandlung für jede Frau geeignet?

Viele machen sich vorher Sorgen, aber wenn sie den Prozess kennen, ist das meist mit einer grossen Entspannung verknüpft, da sie merken, dass die Belastung für den Körper nicht so hoch ist. Die Risiken beziehen sich eher auf die Schwangerschaft, die dann folgen könnte: Gibt es zum Beispiel Vorerkrankungen?

Wenn eine Schwangerschaft zu gefährlich wäre, macht Social Freezing keinen Sinn. Gleichzeitig bedeutet eine Behandlung Aufwand und verursacht Kosten für etwas, was man später nicht in jedem Fall brauchen wird.

Frauen sollten vor allem in der Stimulationsphase möglichst gesund leben: während und vor der Behandlung nicht rauchen, Medikamente sorgfältig prüfen und möglichst wenig Alkohol trinken – dies beeinflusst die Qualität der Eizellen. 

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Fast keine. Man fühlt sich in der Vorbereitungsphase vielleicht etwas reizbar und müde. Die Stimulationsphase mit Spritzen ist lästig, hat aber keine wesentlichen Nebenwirkungen. Die Hormone werden von den reifenden Eibläschen selber produziert, das heisst, es handelt sich um natürliche Hormone aus dem eigenen Körper. Der Hormonspiegel ist zwar höher, da wir mehrere statt nur einer Eizelle reifen lassen, aber immer noch wesentlich niedriger als während einer Schwangerschaft. 

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