Promis und Sportler machen es vor: Sich vegan zu ernähren ist hip. Doch ist Veganismus auch gesund und was ist bei dieser Ernährungsweise wichtig?
Der Muskelberg von einem Mann macht sich bereit, den Weltrekord zu brechen: Er stemmt 555 Kilo in die Höhe, wankt ein paar Schritte Richtung Ziellinie. Geschafft! «Vegan power!», brüllt er stolz in die Kamera.
Der Kraftsportler der Netflix-Doku «Game Changer» ernährt sich seit Jahren rein pflanzlich. Mit Porträts vegan lebender Spitzensportler will der Film mit dem Klischee «starke Männer essen Fleisch» aufräumen, unterstützt von Arnold Schwarzenegger, Jackie Chan und Lewis Hamilton.
Doch was sagen die Fakten? Ist eine vegane Ernährung tatsächlich gesünder? Und kann man auch als Sportler auf eine rein pflanzliche Ernährung setzen?
Die vegetarische Ernährung hat verschiedene Ausprägungen: Ovo-Lacto-Vegetarier konsumieren neben pflanzlichen Produkten Eier und Milchprodukte wie Milch, Käse und Joghurt. Lacto-Vegetarier verzichten auf Eier, nicht aber auf Milchprodukte. Umgekehrt handhaben es Ovo-Vegetarier, die keine Milchprodukte konsumieren, dafür aber Eier.
Veganer ernähren sich ausschliesslich von pflanzlichen Produkten und haben sämtlichen Lebensmitteln abgeschworen, die tierische Produkte oder Zusatzstoffe enthalten, auch Honig zum Beispiel.
Veganer gehen aber noch weiter: Gebrauchsgegenstände und Kleider, die tierische Produkte wie Leder, Fell oder Wolle enthalten, sind tabu. Auch Kosmetika sollen frei von tierischen Zusatzstoffen sein, etwa Bienenwachs in der Wimperntusche, sowie ohne Tierversuche entwickelt werden.
Die meisten Veganer verzichten zugunsten des Tierwohls und der Umwelt auf tierische Produkte. So rechnet der WWF vor, dass sich der ernährungsbezogene ökologische Fussabdruck eines durchschnittlichen Schweizers um 24 Prozent reduziere, wenn dieser auf eine vegetarische Ernährung umstelle. Bei einer veganen Ernährung sind es 40 Prozent.
Ein weiterer Grund für eine rein pflanzliche Ernährung ist die Gesundheit. Wer sich vegan ernähre, senke das Risiko für Übergewicht und dadurch für Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie für verschiedene Krebsarten, sagen die Befürworter des Veganismus und erwähnen verschiedene Studien bezüglich Prävention und Therapie von Übergewicht und dessen Begleiterkrankungen.
Tatsächlich ist wissenschaftlich erwiesen, dass ungesättigte Fettsäuren, die etwa in Nüssen, Samen und pflanzlichen Ölen vorkommen, Ballaststoffe sowie viel Gemüse und Früchte einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben.
Tierische Fette und rotes Fleisch hingegen erhöhen das Risiko für Diabetes Typ II und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Untersuchungen zeigten beispielsweise, dass die Blutfettwerte sowie der Blutdruck der Probanden nach vier Wochen Fleischabstinenz niedriger waren als zuvor.
Dennoch: Ob Veganismus auf Dauer gesünder ist als eine ausgewogene Ernährung mit Eiern, Milchprodukten und Fisch, ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. So ist die Eidgenössische Ernährungskommission (EEK) in einer Übersichtsstudie 2018 zum Schluss gekommen, dass sich laut neuesten europäischen Studien eine langfristige vegane Ernährung nicht eindeutig positiv auf die Gesundheit auswirkt. Noch fehlen weitere aussagekräftige (Langzeit-)Studien zum Thema.
Wer vegan lebt und seine Ernährung gut plant, kann seinen Nährstoffbedarf auch ohne tierische Produkte decken. Zu diesem Schluss kommt auch der Bericht der EEK. Wichtig ist dabei gemäss der Veganen Gesellschaft Schweiz und der Interessenvertretung Swissveg, drei Bestandteile besonders im Auge zu behalten:
Aber: Nicht jeder Veganer lebt automatisch gesund. Nur wer regelmässig frisches Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkornprodukte isst sowie verarbeitete Vegi-Lebensmittel nur in kleinen Mengen konsumiert, profitiert. Denn Fleischersatzprodukte seien oft sehr einseitig zusammengesetzt und enthielten viele Kohlenhydrate und Fette, warnte die Leiterin des EEK-Berichts in einem Interview mit dem Onlineportal Watson.
Sportler benötigen viel Energie – und ausreichend Proteine. Allerdings weist pflanzliches Eiweiss laut der EEK eine geringere Verwertbarkeit als tierisches auf, ausserdem ist der Aminosäurengehalt beschränkt.
Das bedeutet: Veganer sollten mehr Proteine zu sich nehmen als Personen, die auch Tierprodukte konsumieren. Die Vegane Gesellschaft Schweiz empfiehlt täglich ein Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht.
Eine gezielte Kombination und vielfältige Auswahl pflanzlicher Proteine wie Bohnen, Linsen, Tofu, Sojamilch und Getreide in Kombination mit einer ausreichenden Energiezufuhr deckt den Proteinbedarf bei einer veganen Ernährung.