Verhütung: Welche Methode passt zu mir?
Sicher und möglichst natürlich: So möchten junge Menschen heute verhüten. Doch wie realistisch ist dieser Wunsch und welche Möglichkeiten gibt es?
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Der erste Schwarm, der erste Kuss, der erste Sex – Schmetterlinge im Bauch und viele neue Erfahrungen machen das Erwachsenwerden so aufregend. Gleichzeitig wird die Frage nach der richtigen Schwangerschaftsverhütung wichtig. Welches also ist sie, die aktuell beste Verhütungsmethode auf dem Markt? «Das kann für jede Frau eine andere sein», sagt Irène Dingeldein, Präsidentin der Fachgesellschaft Gynécologie Suisse. «Hauptsache, die Methode ist sicher, einfach anzuwenden, nebenwirkungsarm und passt zum Lebensstil.»
Nicht nur für die Frau: Beratung bei der Gynäkologin
Um herauszufinden, welches Verhütungsmittel passt, ist die Beratung bei der Frauenärztin oder beim Frauenarzt unerlässlich. Die meisten Mädchen kommen im Alter von 14 bis 17 Jahren zum ersten Mal in die Praxis. «Auslöser sind oft Beschwerden während der Periode oder der erste Freund», weiss Dingeldein. «In der Sprechstunde besprechen wir dann den Lebensstil, etwa ob die junge Frau raucht oder Medikamente einnimmt. Und ich frage Erkrankungen in der Familie ab wie Thrombosen, Lungenembolie, Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Krebs» – sie beeinflussen die Wahl der Verhütungsmethode.
«Es freut mich übrigens, wenn die Mutter des Mädchens mitkommt und es unterstützt», sagt Dingeldein. «Und natürlich der Freund, denn ihn geht das Thema Verhütung genauso etwas an.» Untersuchen lassen muss sich im Rahmen der Beratung niemand. Mit Ausnahme derer, die sich für eine Spirale entscheiden: «Diese muss in die Gebärmutter eingesetzt werden. Darum untersuche ich die Frau zuvor und zeige ihr, wie alles funktioniert», erklärt Dingeldein.
Möglichst natürlich verhüten
Im Moment beobachtet die Gynäkologin einen Trend hin zu Natürlichkeit: «Junge Erwachsene interessieren sich vermehrt für die Kupferspirale. Sie wollen am liebsten keine Hormone zu sich nehmen, um ihren Körper oder die Umwelt damit nicht zu belasten», so Dingeldein. Ruth Drahts von der Frauenpraxis Buchenhof in Sursee teilt diese Einschätzung: «Auch ich werde zunehmend von jungen Frauen mit der Aussage konfrontiert, dass sie keine Hormone einnehmen möchten. Wenn ich sie dann aber über alle Vor- und Nachteile informiere, landen wir häufig doch bei der Pille. Oft ist sie nämlich die beste Lösung – zumindest als erstes Verhütungsmittel», sagt sie. Wichtig sei es, zu realisieren: «Die vollends natürliche, absolut sichere und jederzeit verfügbare Verhütungslösung – die gibt es nicht. Es handelt sich immer um einen Eingriff in die Natur.»
Drahts gibt auch zu bedenken, dass gar nicht so viele unterschiedliche Möglichkeiten in Frage kämen. Entweder man unterdrücke die Eireifung und den Eisprung – was sehr zuverlässig sei, aber Auswirkungen auf den Körper der Frau habe. Oder aber man verhüte mit einem Fremdkörper in der Gebärmutter, etwa durch die Hormonspirale oder die Kupferspirale – was nicht für jede Frau die geeignete Form sei. Eine weitere Möglichkeit sei, die Schwangerschaft mechanisch oder chemisch zu verhindern, also mit Kondom und chemischen Mitteln – verbunden mit einer gewissen Unsicherheit.
Wie sicher sind Zyklustracking, Temperaturmessung & Co.?
Ausschliesslich auf Methoden der Zyklusbeobachtung zu setzen, etwa mittels Temperaturmessung oder App, die den Eisprung berechnet, empfiehlt die Gynäkologin jungen Frauen nicht. «So sollen die fruchtbaren Tage ermittelt werden. Das ist gerade in der Jugendzeit sehr unsicher und erfordert viel Disziplin. Um sicher zu verhüten, muss das Paar über mehrere Tage auf Geschlechtsverkehr verzichten oder eben doch mit Kondom verhüten. Es handelt sich dabei also nicht um eine Verhütungsmethode.»
Ändern wird sich an den verbleibenden Möglichkeiten so schnell wohl nichts: «Man forscht an Präparaten, die noch weniger Hormone enthalten, oder an anderen Formen der Spirale. Wirklich neue Methoden, zum Beispiel sichere, reversible und nebenwirkungsarme Methoden für den Mann, sind noch nicht in Sicht», so Drahts. «Für die allermeisten Paare findet sich aber ein gutes und ungefährliches Verhütungsmittel, das passt.»
Kombinierte hormonelle Verhütungsmethoden
Diese Verhütungsmittel enthalten eine Kombination aus Östrogen und einem Gelbkörperhormon (Gestagen). Die künstlich hergestellten Hormone unterdrücken den Zyklus der Frau – mit durchaus erwünschten Begleiterscheinungen wie einer Linderung von Akne, starken Blutungen und Schmerzen während der Periode. Auch gutartige Erkrankungen der Gebärmutter (z. B. Myome) können sich verbessern.
Allerdings steigt das Thromboserisiko leicht an. Für Frauen mit starkem Übergewicht, einer Veranlagung in der Familie oder Vorerkrankungen (z. B. Thrombose, Epilepsie, Diabetes) und für starke Raucherinnen eignen sich die Präparate nicht. Und: Gewisse Medikamente, Durchfallerkrankungen und Erbrechen schwächen die Wirkung der Verhütungsmittel ab. «Einige Frauen nehmen auch zu und haben das Gefühl, dass die Hormone sie psychisch veränderten. Sie können bei einer entsprechenden Veranlagung eine Depression auslösen. Andersherum können sich durch die Hormone Stimmungsschwankungen auch reduzieren», so Dingeldein.
Die kombinierte Pille
Das Hormonpflaster
Der Vaginalring
Östrogenfrei verhüten
Diese Verhütungsmittel enthalten ausschliesslich das Hormon Gestagen. Ihr Hauptvorteil: Sie erhöhen das Thromboserisiko nicht. «Diese Präparate werden immer beliebter. Durch die Langzeiteinnahme reduzieren sich Monatsblutungen und Beschwerden oft deutlich oder bleiben sogar ganz aus. Nachteile sind manchmal ein schlechteres Hautbild und unregelmässige, zum Teil ständig wiederkehrende Zwischenblutungen», so Gynäkologin Ruth Drahts. Anders als die kombinierten Methoden beeinträchtigen Durchfall oder Erbrechen, reisebedingte Zeitverschiebungen oder Anwendungsfehler ihre Wirksamkeit nicht.