Von der Geburtshelferin zur Bestatterin

Rund 600 Bestattungsunternehmen gibt es hierzulande. Eines davon führt Kathrin Röösli. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem Tod etwas Licht einzuhauchen und so den Zusammenhalt von Angehörigen zu stärken.

Text: Irène Schäppi; Foto: Sarja Gauch

Als ich Kathrin Röösli zum Interview in ihrem Bestattungsinstitut treffe, verabschiedet sie sich gerade von einer jungen Frau. Selbst nach erfolgter Bestattung komme es manchmal vor, dass Hinterbliebene wiederholt zu ihr auf einen Kaffee-Schwatz vorbeikommen, erzählt Röösli. Der Austausch mit ihr gebe ihnen das Gefühl, mit dem oder der Verstorbenen irgendwie noch verbunden zu sein. «Auch das gehört zum Begleiten von Betroffenen dazu und ist somit Teil meiner Arbeit», erklärt sie mir.

Überhaupt wirkt Kathrin Röösli alles andere als eine stereotype Bestatterin: Bei unserem Treffen trägt sie Jeans und eine blaue Bluse, die den Blick auf ihre tätowierten Unterarme freigibt. «Mir war es von Anfang an wichtig, durch die helle Gestaltung meines Unternehmens oder mit unserem Kleidungsstil, dem Tod – falls möglich – etwas Licht einzuhauchen», so die ehemalige Doula-Geburtshelferin. 

Dazu gehört auch die Farbgebung ihres Bestattungsfahrzeuges: Statt klassisch Schwarz fährt Kathrin Röösli mit einem weissen Fahrzeug zum Einbetten der Verstorbenen. Das komme bei den Betroffenen gut an: «Oft reagieren die Hinterbliebenen sehr positiv, wenn sie mich und meine Mitarbeiter:innen sehen. Vielleicht auch, weil wir mit unserem Auftreten ein Stück Normalität in diese schwere Situation bringen. Und sie so merken, dass der Tod wie die Geburt zum Leben gehört». 

Die Wünsche der Verstorbenen respektieren

Da man für beide Ereignisse keine zweite Chance erhält, ist es gemäss Kathrin Röösli unabdingbar, diese Momente so liebevoll wie möglich zu gestalten. Sei es mittels der Lieblingsmusik der verstorbenen Person oder indem man dieser bunte Socken anzieht (um den Angehörigen vielleicht, der Trauer zum Trotz, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern). Zudem sorge diese Art von Bestattungsritual oft für mehr Zusammenhalt bei den Hinterbliebenen.

«Meine Hauptaufgabe als Bestatterin ist, den Betroffenen das Gefühl zu geben, dass sie getragen werden. Es ist wichtig, die Wünsche der verstorbenen Person sowie der Angehörigen zu respektieren, ihnen beim Abschied Zeit zu lassen und sie beim Weg des Verabschiedens so lange zu begleiten wie nötig».

Zur Person

Kathrin Röösli hat vor ihrer jetzigen Tätigkeit in ihrer Freizeit als Doula und daneben im Teilzeitpensum als kaufmännische Angestellte gearbeitet. Ein Burnout hat schliesslich dazu geführt, dass sie diese beiden Berufe aufgegeben und sich nach der Rekonvaleszenz zur Bestatterin hat ausbilden lassen.

Teilen