Einsamkeit im Alter: Ursachen, Folgen und hilfreiche Tipps
Jede dritte Person über 65 fühlt sich einsam. Mit steigendem Alter nimmt dieses Gefühl oft zu. Übergänge wie Pensionierung oder der Verlust nahestehender Menschen verstärken die Isolation. Welche Folgen hat Einsamkeit, und wie können Betroffene und Angehörige aktiv gegensteuern?
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Plötzlich ist es still. Eben noch war man beschäftigt – Lebensmittel einkaufen, Wäsche falten, den Boden putzen – und dann, aus dem Nichts, kommt da diese Leere. Niemand ruft an, niemand schreibt, niemand schaut vorbei. Man blickt hinaus auf eine hektische Welt, in der alle unterwegs sind, Pläne machen, Freunde treffen.
Der Körper wird schwer, die Gedanken beginnen zu kreisen. Einsamkeit – ein Gefühl, das viele von uns kennen. Mal dauert es nur Stunden, mal Wochen oder Monate. In der Schweiz fühlt sich jede dritte Person einsam, und im hohen Alter nimmt diese Zahl noch deutlich zu.
Risikofaktoren: Wie entsteht Einsamkeit im Alter?
Corinne Hafner Wilson, Fachverantwortliche für Hilfen zu Hause bei Pro Senectute Schweiz, erklärt: «Das Gefühl von Einsamkeit entsteht, wenn die Art und Qualität der Beziehungen nicht mit den eigenen Bedürfnissen übereinstimmt.»
Folglich können sich auch Menschen mit einem aktiven sozialen Umfeld einsam fühlen, wenn diese Beziehungen nicht erfüllend sind. Dennoch erhöht soziale Isolation das Risiko, Einsamkeit zu empfinden, massiv.
«Der Eintritt in die Pension löst bei vielen Menschen eine Leere aus.»
In der Schweiz leben rund 1,4 Millionen Menschen in Einpersonenhaushalten; bis 2050 soll diese Zahl auf 1,8 Millionen steigen. Zudem werden zwei von fünf Ehen geschieden, und die Geburtenrate sinkt. Solche demografischen Entwicklungen erhöhen das Risiko der sozialen Isolation. Ereignisse wie der Übergang in den Ruhestand können ebenfalls zu Einsamkeit führen. Hafner Wilson weiss: «Der Eintritt in die Pension löst bei vielen Menschen eine Leere aus.»
Noch belastender ist der Verlust des Partners oder enger Freund:innen. «Auch gesundheitliche Probleme, die zum Rückzug aus dem Sozialleben führen, können Einsamkeit im Alter begünstigen», ergänzt die Expertin.
Folgen: Einsamkeit kann körperliche Beschwerden auslösen
Einsamkeit hat weitreichende Folgen für die körperliche Gesundheit. Eine umfassende Auswertung von 150 Studien durch Wissenschaftler:innen der US-amerikanischen Universitäten Brigham Young und North Carolina hat gezeigt, dass chronische Isolation das Sterblichkeitsrisiko ebenso erhöht wie Rauchen oder starkes Übergewicht.
Einsamkeit fördert die Produktion von Cortisol
Einsame Menschen schlafen schlechter
Eigene Gesundheit rückt in den Hintergrund
Auswirkungen von Einsamkeit auf die Psyche
Was kann man gegen Einsamkeit im Alter tun?
Doch Einsamkeit muss man nicht einfach so hinnehmen – es gibt zahlreiche Wege, um aktiv gegenzusteuern. Oft hilft es, sich bewusst an Aktivitäten oder Hobbys zu erinnern, die früher Freude bereitet haben, und diese wieder aufzugreifen. Auch der Kontakt zu anderen, sei es durch Nachbarn, Familie oder Gruppenaktivitäten, kann den Alltag bereichern.
Wenn der erste Schritt schwerfällt, können professionelle Beratungsstellen eine wertvolle Stütze sein. Sie bieten Unterstützung, konkrete Vorschläge und Möglichkeiten, neue Kontakte zu knüpfen. Auch digitale Wege, wie Videoanrufe oder Online-Treffen, bieten Chancen, mit anderen in Verbindung zu bleiben und neue Kontakte zu knüpfen.
Tipps für Betroffene
Tipps für Angehörige
Angebote und Anlaufstellen gegen Einsamkeit im Alter
In der Schweiz gibt es zahlreiche Organisationen, die älteren Menschen Unterstützung bieten. Pro Senectute, die grösste Fach- und Dienstleistungsorganisation für Senior:innen, bietet neben Beratungen vielfältige Veranstaltungen, Aktivitäten sowie Kurse an, die gezielt ältere Menschen zusammenbringen. Diese reichen von Tanz- und Sprachkursen bis hin zu Wandergruppen und digitalen Treffpunkten. Ziel ist es, die Selbstständigkeit zu erhalten und gleichzeitig Einsamkeit vorzubeugen.
Die Website einsamkeit-im-alter.ch bietet viele Informationen und praktische Tipps, um der Einsamkeit entgegenzuwirken. Sie stellt Kontakt zu Freiwilligenprojekten wie Besuchs- und Telefonpartnerschaften her und unterstützt bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen, um den Zugang zu Online-Angeboten zu erleichtern.
Wer sich engagieren möchte, findet bei Projekten wie «Schenkzeit» der Stiftung gemeinsam im Alter Möglichkeiten, aktiv Zeit mit Senior:innen zu verbringen und so neue Verbindungen zu schaffen. Für detaillierte Informationen können Betroffene und Angehörige die jeweiligen Beratungsstellen vor Ort kontaktieren oder sich online informieren.
Über die Expertin
Corinne Hafner Wilson ist Fachverantwortliche für «Hilfen zu Hause» bei Pro Senectute. Die Psychologin ist spezialisiert auf die Beratung und Begleitung im Alter.