«Ich habe meiner Freundin eine Niere gespendet»
Der Partnerin ein Organ spenden? Eine schwierige Entscheidung, mit der Robin Freimann, 26, konfrontiert wurde und hinter der er heute nach wie vor mit voller Überzeugung steht.
«Ich habe meiner Freundin während der Pandemie eine Niere gespendet. Wir sind ein junges Paar – also weder verwandt noch verheiratet. Ihre Krankheit war dank der Dialyse-Maschinen auch nicht lebensbedrohlich. Die Entscheidung zur Organspende fiel mir dennoch nicht schwer. Ich sah, wie schlecht es ihr ging, wie sie auf viel Lebensqualität verzichten musste. Dreimal in der Woche musste sie für vier Stunden zur Dialyse, konnte nicht mehr voll arbeiten. Da war für mich klar: Ich mache das!
Allerdings ist es nochmals etwas anderes, die Entscheidung dann auch durchzuziehen. Das Jahr bis zur Operation war eine schwierige Zeit voller Auf und Abs. Mehrmals ertappte ich mich bei Gedanken wie: Ich bin doch ein gesunder Mensch. Ich bin nicht krank. Sie ist krank! Muss das alles sein? Etwa bei der ersten Untersuchung, bei der ich in die Röhre gesteckt wurde, weil man als Spender sehr genau untersucht wird. Die Ärzte fanden bei mir Flecken auf der Lunge – nichts Schlimmes, wie sich herausstellte, aber zur Sicherheit wurde mir das auffällige Gewebe entnommen. Das war zusätzlicher Stress. Und dann waren da noch Menschen aus meinem Umfeld, die beunruhigte, ob ich mir das mit dem Spenden gut überlegt hätte.
Meine Freundin setzte mich zum Glück nie unter Druck. Ich wusste, dass ich sogar noch auf dem OP-Tisch zu allem hätte Nein sagen können – sie hätte es verstanden. Als Paar hat uns die Zeit zusammengeschweisst. Trotzdem haben wir uns auch mit einer möglichen Trennung auseinandergesetzt. Wir haben uns einen Brief geschrieben und darin festgehalten: Die Niere darf kein Grund dafür sein, zusammenzubleiben. Ich habe mir fest vorgenommen, das Positive zu sehen, falls es einmal zum Schlussstrich kommen sollte: Ich konnte einem jungen Menschen helfen.
All diesen Gedanken muss man sich bei einer so wichtigen Entscheidung stellen. Nur wenn man alles durchdacht hat und überzeugt dahintersteht, schafft man es, seinen Entschluss durchzuziehen. Ich habe mich in schwierigen Zeiten daran festgeklammert, dass ich das Spenden wichtig finde, dass es eine gute Sache ist. Mit Wahrscheinlichkeiten und Erfolgsquoten der Transplantation habe ich mich hingegen kaum befasst.
Jetzt kann ich sagen: Ich bin mit meiner Entscheidung im Reinen. Uns geht es sehr gut. Bald wird meine Freundin wieder anfangen zu arbeiten. Für mich war die Spende eine gute Lebensschule, denn durch die vielen Gespräche und durchgestandenen Ängste bin ich erwachsener geworden. Ich schätze das Leben und die Gesundheit heute mehr. Den Tag der Operation feiern wir als den neuen Geburtstag meiner Freundin. Es kann sein, dass ich im Alter einmal Beschwerden haben werde. Mit diesem Risiko muss ich umgehen können. Aber ich lebe im Jetzt. Wer weiss schon, was morgen sein wird?»