Winterdepression: Tipps für die Erkennung und die Behandlung
Dunkle Tage können auf die Stimmung schlagen und bei manchen Menschen eine Winterdepression auslösen. Bewegung, Lichttherapie und soziale Kontakte gehören neben professioneller Hilfe zu den wirksamsten Methoden, um die Symptome zu lindern und den Winter besser zu überstehen.
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Die Tage sind kurz, der Himmel grau, und viele Menschen verbringen ihre Zeit vermehrt drinnen. Während sich manche einfach nach Sonne und Wärme sehnen, rutschen andere in eine tiefe emotionale Krise – die Winterdepression, auch als saisonal abhängige Depression (SAD) bekannt.
Diese Form der Depression betrifft rund zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung und kann das Leben der Betroffenen stark einschränken.
Was ist eine Winterdepression und wie entsteht sie?
Wenn die Tage kürzer werden und das Licht schwindet, kann das für manche Menschen mehr bedeuten als nur eine schlechte Laune. Eine Winterdepression ist eine Form der Depression, die regelmässig in den dunklen Monaten auftritt und im Frühling wieder abklingt. Typische Anzeichen sind Niedergeschlagenheit, fehlender Antrieb und der Verlust von Freude an Dingen, die früher Spass gemacht haben.
«Es handelt sich um eine spezielle Erscheinungsform der Depression und nicht um ein eigenes Störungsbild», erklärt Chantal Anne Hofstetter, Psychologin bei Pro Mente Sana. Entscheidend ist, dass die Beschwerden im Sommer fast vollständig verschwinden und in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Wintern auftreten.
Der Einfluss von Licht auf die Psyche
Ein zentraler Auslöser ist der Mangel an Tageslicht. «Über die Relevanz des Tageslichts bei der Entstehung der Winterdepression ist man sich weitgehend einig», sagt Hofstetter. Das fehlende Licht bringt den Schlaf-wach-Rhythmus durcheinander und stört die Produktion von Serotonin, einem wichtigen Botenstoff für die Stimmung.
Trotzdem ist die Entstehung komplex: «Psychische Erkrankungen sind immer multifaktoriell bedingt», betont die Expertin. Auch persönliche Faktoren wie Lebensereignisse oder der Umgang mit Stress spielen eine Rolle.
Wer unsicher ist, ob er an einer Winterdepression leidet, sollte sich unbedingt an eine Fachperson wenden. «Je früher man reagiert, desto besser stehen die Chancen, nicht in einen Teufelskreis aus Niedergeschlagenheit, fehlendem Antrieb und Verlust von Freude zu geraten», so Hofstetter.
Wie lange dauert eine Winterdepression?
Die Symptome einer Winterdepression müssen mindestens zwei Wochen lang fast täglich auftreten, um diagnostiziert zu werden. «Die meisten Betroffenen leiden mehrere Wochen bis Monate unter der Symptomatik», erklärt die Psychologin. Sie klingen oft spontan im Frühjahr ab, wenn das Tageslicht zunimmt.
Symptome: Wie erkennt man eine Winterdepression?
Die Symptome einer Winterdepression ähneln denen einer klassischen Depression, haben aber einige Besonderheiten. Typisch ist eine gedrückte Stimmung, die über mehrere Wochen hinweg fast täglich anhält und den Alltag erheblich beeinträchtigt. Weitere häufige Symptome sind:
- Antriebslosigkeit und Müdigkeit: Betroffene fühlen sich oft erschöpft und haben das Bedürfnis, mehr zu schlafen als sonst. Dieses Symptom kann bis hin zu Hypersomnie reichen.
- Appetitsteigerung: Viele entwickeln einen Heisshunger auf kohlenhydratreiche Speisen wie Pasta, Kartoffeln oder Süssigkeiten, was oft zu einer Gewichtszunahme führt.
- Sozialer Rückzug: Aktivitäten mit Freunden oder Familie werden zunehmend gemieden, da die Motivation fehlt.
- Gefühl der Hoffnungslosigkeit: Negative Gedanken und eine pessimistische Grundstimmung prägen das Erleben vieler Betroffener.
Unterschied zwischen Stimmungstief und Winterdepression
«Winterdepressionen unterscheiden sich von Stimmungstiefs oder dem ‹Winterblues› einerseits im Ausmass und andererseits in ihrer Dauer», erklärt die Psychologin. Während der Winterblues meist milde und vorübergehende Stimmungsschwankungen verursacht, beeinträchtigen Winterdepressionen den Alltag und erfordern oft professionelle Hilfe.
Was kann man gegen eine Winterdepression tun?
Eine Winterdepression kann Betroffene in einen Teufelskreis aus Antriebslosigkeit und Passivität ziehen. Umso wichtiger ist es, diesem Kreislauf aktiv entgegenzuwirken. «Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn die Symptome der Antriebslosigkeit sowie des Verlusts von Freude und Interesse erschweren das massiv», sagt Chantal Anne Hofstetter
Raus an die frische Luft
Ein erster Schritt kann sein, sich bewusst kleine Aktivitäten vorzunehmen, die in der Vergangenheit Freude bereitet haben. Auch wenn es schwerfällt: Regelmässige Bewegung an der frischen Luft, besonders bei Tageslicht, wirkt oft Wunder.
Ein Spaziergang am Morgen oder in der Mittagspause liefert dem Körper wertvolles Licht und kann die Stimmung heben. Noch effektiver wird es, wenn Freunde oder Familie dabei unterstützen – etwa durch gemeinsame Verabredungen, die einem den nötigen Schubs geben.
Wann ist professionelle Hilfe sinnvoll?
Praktische Impulse für die Psyche gibt es unter anderem unter wie-gehts-dir.ch. Wenn Sie lernen möchten, wie Sie anderen in schwierigen Phasen helfen können, informieren Sie sich über den «ensa»-Erste-Hilfe-Kurs für psychische Gesundheit.
Wenn die Symptome länger als zwei Wochen andauern oder den Alltag erheblich beeinträchtigen, sollte eine Fachperson aufgesucht werden. Eine erste Anlaufstelle kann die Hausarztpraxis oder ein psychologischer Dienst sein. Anlaufstellen wie Pro Mente Sana finden Sie in unserem Guide für mentale Gesundheit in der Sanitas Portal App.
Zum Guide
Helfen Tageslichtlampen und Solarium?
Licht ist der Schlüssel, wenn es um die Behandlung einer Winterdepression geht. «Lichttherapie wird als Behandlung der ersten Wahl für Betroffene einer Winterdepression gesehen», erklärt Hofstetter. Spezielle Tageslichtlampen mit einer hohen Lichtintensität von 10 000 Lux können den Körper dabei unterstützen, den Lichtmangel auszugleichen.
Die Anwendung ist dabei unkompliziert: Die Lampe wird morgens für etwa 20 bis 30 Minuten genutzt – während man frühstückt, liest oder E-Mails checkt. Wichtig ist jedoch, die Anwendung regelmässig und wie vom Hersteller angegeben durchzuführen, um die volle Wirkung zu entfalten.
Im Gegensatz dazu hat das Solarium keinerlei Einfluss auf die für die Winterdepression relevanten Mechanismen. Es kann zwar kurzfristig Wärme spenden, bietet jedoch keine echte Linderung der Symptome. Zudem ist die UV-A-Strahlung im Solarium schädlich für die Haut und begünstigt die Entstehung von Hauttumoren.
Wer unsicher ist oder unter starken Symptomen leidet, sollte sich fachliche Unterstützung holen, um den bestmöglichen Behandlungsweg zu finden.
Helfen Vitamine gegen Winterdepressionen?
Vitamin D wird oft als kleines Wundermittel für die Wintermonate gehandelt – schliesslich produziert der Körper es bei Sonneneinstrahlung, und ein Mangel kann sich negativ auf die Stimmung auswirken. Doch wie hilfreich ist es wirklich bei einer Winterdepression? «Sicherlich ist es empfehlenswert, präventiv auf eine ausreichende Versorgung und allgemein auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung zu achten», erklärt die Expertin.
Tatsächlich bleibt die Wirksamkeit von Vitamin-D-Supplementen zur gezielten Behandlung einer Winterdepression bisher unklar. Dennoch schadet es nicht, die Vitamin-D-Versorgung im Auge zu behalten, sei es durch Ernährung mit fettem Fisch, Eigelb oder angereicherten Lebensmitteln oder in Absprache mit einer Fachperson durch Nahrungsergänzungsmittel. Denn auch wenn Vitamin D nicht die alleinige Lösung ist, kann eine ausgewogene Ernährung das allgemeine Wohlbefinden stärken.
Kann man Winterdepressionen vorbeugen?
Es gibt Möglichkeiten, das Risiko einer Winterdepression zu verringern. Regelmässige Bewegung an der frischen Luft ist eine der effektivsten Strategien, da sie den Kreislauf ankurbelt, Glückshormone freisetzt und gleichzeitig den wichtigen Lichtmangel ausgleicht – selbst an grauen Tagen.
Auch ein geregelter Tagesablauf hilft, die Stimmung zu stabilisieren. Wer seinen Tag bewusst plant und Aktivitäten integriert, die Freude bereiten, schafft sich eine wichtige Struktur, die das Wohlbefinden fördern kann.
Ebenso zentral sind soziale Kontakte: Der Austausch mit Familie und Freunden bringt emotionale Unterstützung und kann helfen, Rückzugstendenzen entgegenzuwirken. Wer frühzeitig auf sich achtet, kann den Winter besser meistern.
Über die Expertin
Psychologin Chantal Anne Hofstetter arbeitet bei Pro Mente Sana für das Programm ensa. ensa ist die Schweizer Version des australischen Programms Mental Health First Aid und bietet seit 2019 Erste-Hilfe-Kurse für psychische Gesundheit an.