Hypnose – Humbug oder Wundermittel?
Vielen Menschen macht Hypnose noch immer Angst. Dabei ist sie sicher, wirksam – und sie kann in den verschiedensten Lebenssituationen helfen.
Inhaltsverzeichnis
Hypnose ist ein veränderter Bewusstseinszustand, der durch tiefe Entspannung und fokussierte Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist. Die therapeutische Anwendung der Hypnose wird Hypnotherapie genannt. Es handelt sich dabei um eine anerkannte Behandlungsmethode. Sind wir hypnotisiert, kann das Unterbewusstsein, das viele Erinnerungen und Prägungen speichert, leichter erreicht und auch beeinflusst werden.
So ist es beispielsweise möglich, auf direkterem Weg negative Glaubenssätze und Verhaltensweisen aufzulösen und das eigene System dabei zu unterstützen, neue, gesündere Alternativen zu etablieren. Oder aber wir werden für Schmerz unempfindlicher, beispielsweise während einer Operation. Deshalb wird die Hypnose oft genutzt, um therapeutische Ziele zu erreichen oder Verhaltensweisen zu verändern.
Wie läuft eine Hypnosesitzung ab?
Eine Hypnosesitzung im Bereich Psychotherapie und/oder Coaching setzt sich in der Regel aus mehreren Schritten zusammen, wie Lionel Müller, Intensivmediziner und Hypnosetherapeut am Medizinischen Hypnosecenter Bern, erklärt. «Zuerst werden in einem ausführlichen Erstgespräch die Ziele und Wünsche der Patient:innen definiert und die aktuelle Situation sowie vergangene Lebensstationen angeschaut. Dann sollten die Hypnose und deren Ablauf genau erklärt werden, um Unsicherheiten abzubauen. Danach startet die eigentliche Hypnotherapie.»
Der Patient wird in einen tiefen Entspannungszustand hineinbegleitet, in dem er offen ist für positiv verändernde Suggestionen. Danach folgen eine sanfte Rückführung und ein Nachgespräch. Wie viele Sitzungen jemand braucht, ist sehr individuell. Bei einigen sind es zwei bis drei, bei anderen ist die Hypnose Teil eines länger andauernden Veränderungsprozesses.
Bei Schmerzen und im Operationssaal
Gegen Stress und Angst
Gewichtsreduktion oder Raucherentwöhnung
Bei psychischen Problemen
Welche Risiken und Gefahren birgt die Hypnotherapie?
«Die Hypnose ist ein sehr wirksames, sicheres Therapieverfahren, das sich in ganz unterschiedlichen Themenbereichen als wirksam erwiesen hat», sagt Facharzt Lionel Müller. Verschiedene internationale Studien haben die Wirksamkeit des Verfahrens bestätigt. In der Schweiz bieten zahlreiche Fachpersonen und Kliniken Hypnose an. Laut einer Umfrage des Schweizerischen Berufsverbandes für Hypnotherapie haben über 70 Prozent der befragten Patient:innen positive Erfahrungen mit Hypnose gemacht.
Risiken im eigentlichen Sinn gibt es keine. Da die Hypnose jedoch ein Therapieverfahren ist und vor allem bei der Aufarbeitung von schwierigen Erlebnissen starke Emotionen auslösen kann, ist ein professioneller Rahmen, im dem diese Erlebnisse aufgefangen, nachbesprochen und integriert werden können, von zentraler Bedeutung.
Wirkt Hypnotherapie auch bei Kindern?
Hypnose kann auch bei Kindern wirksam und hilfreich sein. Kinder sind oft besonders empfänglich für Hypnose, da sie eine lebhafte Vorstellungskraft und eine natürliche Neigung zur Fantasie haben. Die Suggestion kann beispielsweise helfen, wenn Themen wie soziale Ängste und Prüfungsdruck akut sind oder das Kind unerwünschte Verhaltensweisen wie Bettnässen oder Daumenlutschen zeigt.
Wichtig ist jedoch, die Hypnose altersgerecht und spielerisch anzugehen. Eltern sollten darauf achten, eine Fachperson auszusuchen, die Erfahrung mit Kindern hat und eine vertrauensvolle und sichere Umgebung schaffen kann.
Das A und O der Hypnose: die Wahl der richtigen Fachperson
Auch weil sich um die Hypnose herum noch viele Mythen ranken, ist die Wahl der Fachperson entscheidend. «Viele Menschen sind noch immer verunsichert und skeptisch, wenn es um Hypnose geht», sagt Müller. Vor allem weil damit eine Angst vor Kontrollverlust und Manipulation einhergeht. «Man hat sofort Bilder von Showhypnosen im Kopf, in deren Rahmen Menschen plötzlich verrückte Dinge tun», sagt der Experte. Dabei könne niemand gegen seinen Willen hypnotisiert werden. Das bedeutet aber auch: Wenn man innerlich nicht bereit zur Hypnose ist oder innere Widerstände bestehen, ist der Erfolg der Methode vermindert oder bleibt ganz aus.
Deshalb ist von entscheidender Wichtigkeit, dass man sich an eine ausgewiesene Fachperson wendet, der man vertraut, die idealerweise über einen medizinischen Hintergrund verfügt und einem Berufsverband angeschlossen ist, beispielsweise der Gesellschaft für klinische Hypnose und Hypnotherapie Schweiz GHYPS oder dem Schweizerischen Berufsverband für Hypnosetherapie SBVH. Zusammen mit der Expertin werden in einem ersten Vorgespräch Ziele und Ausgangslage besprochen und auf diese Weise ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. So kann man sich in sicheren Händen fallen lassen. Und wirkliche Veränderung erfahren.
Selbsthypnose: Entspannung für zu Hause
Selbsthypnose kann eine nützliche Methode sein, um Stress zu reduzieren, positive Verhaltensänderungen zu unterstützen und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Anleitungen für Selbsthypnose finden sich im Internet oder in Büchern, und es können auch entsprechende Ausbildungen absolviert werden.
Für den Anfang kann es schon reichen, in einen meditativen Zustand zu finden und sich innerlich Sätze wie: «Ich bin sicher» oder «Ich bin ganz entspannt», zu sagen. Es gibt auch immer mehr Apps auf dem Markt, die Entspannungs- und hypnotherapeutische Lektionen anbieten, wie beispielsweise die App «Breethe». «Auch hier sind jedoch eine gewisse Grundvorsicht und die Rücksprache mit einer Fachperson sinnvoll», sagt Müller.
Über den Experten
Dr. med. Lionel Müller ist Intensivmediziner und Hypnosetherapeut am Medizinischen Hypnosecenter Bern.
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