Winterfest: Sport in der Kälte

Auch wenn es Überwindung kostet: Sport im Freien ist auch im Winter gesund. Allerdings nur dann, wenn man einige Dinge beachtet. Wie intensiv darf das Training sein, welche Kleidung ist empfehlenswert und wie steht es um das Immunsystem? Ein Faktencheck.

Text: Julie Freudiger; Foto: Sanitas

Wer bei kalten Temperaturen draussen Sport treibt, hat sich bestimmt schon gefragt, ob das überhaupt noch gesund ist. Die Sorgen sind aber unbegründet, wie Dr. med. Hanspeter Betschart, Sportarzt bei Medbase Abtwil, bestätigt: «Sport treiben ist immer gesünder als keine Bewegung – auch im Winter.» Denn Bewegung hat erwiesenermassen einen gesundheitsfördernden Effekt. Ausserdem stärkt Sport das Immunsystem, die frische Luft ist ein wahrer Energiespender und das Sonnenlicht regt die Vitamin-D-Produktion an. Die Kälte ist also kein Grund, sich aufhalten zu lassen – «sofern Sie sich während und nach dem Training richtig verhalten», sagt Betschart. Doch was ist richtig, was ist falsch?  

Sport ist ideal, um bei einer Erkältung oder Grippe Viren auszuschwitzen.

Faktencheck: Falsch

Das ist nicht nur ein falscher, sondern auch ein gefährlicher Mythos. Sport schwächt den Körper nicht nur zusätzlich, er kann ihm unter diesen Umständen sogar gefährlich werden. Betschart warnt: «Wer trotz Krankheit weiter trainiert, riskiert eine lebensgefährliche Entzündung des Herzmuskels.» Der wichtigste Grundsatz für das Wintertraining: Treiben Sie nur dann Sport, wenn Sie gesund sind.

Um nicht auszukühlen, muss man sich möglichst warm anziehen.

Faktencheck: Falsch

Wer sich zu warm anzieht, kommt schnell ins Schwitzen. Vor allem Bekleidung aus Baumwolle und Wolle ist im Winter ungeeignet, da diese den Schweiss nicht nach aussen transportiert, sondern sich mit ihm vollsaugt. Nasse Kleider, die klamm am Körper kleben, sind nicht nur unangenehm, sondern auch ein Risiko für Erkältungen. Die beste Wahl für das Wintertraining sind Funktionskleider, die im Schichtenprinzip getragen werden.

Wenn es kalt ist, sollte man durch die Nase atmen.

Faktencheck: Richtig

Bei eisigen Temperaturen ist es empfehlenswert, durch die Nase statt durch den Mund zu atmen. Dadurch ist der Atem bereits vorgewärmt und feucht, wenn er die Lunge erreicht und reizt diese nicht zu stark. Sinkt das Thermometer weit unter null Grad, ist ein Mundschutz sinnvoll, zum Beispiel ein Schlauchschal. Wer direkt nach dem Sport in der Kälte hustet, muss sich aber nicht sorgen. Betschart: «Die Lunge wird durch die kalte Luft gereizt. In den meisten Fällen klingt der Husten innert Tagesfrist ab. Dauert er länger an, sollte dies unter Umständen bei einem Arzt abgeklärt werden.»  

Im Winter muss man nicht viel trinken, da man weniger schwitzt.

Faktencheck: Falsch

In der Kälte ist das Durstgefühl zwar weniger ausgeprägt als bei heissen Temperaturen, der Körper verliert durch den Sport aber dennoch Flüssigkeit. Ausserdem ist der Energieverbrauch bei Kälte deutlich höher als bei Normaltemperaturen. Eine ausreichende Flüssigkeits- und Energiezufuhr ist daher sehr wichtig.

Ein Wintertraining sollte schnell und intensiv sein, damit man nicht friert.

Faktencheck: Falsch

Der Winter ist ideal für das Grundlagentraining, also für Sport bei tiefer Intensität, damit die Lunge nicht zu stark belastet wird. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Aufwärmen. Man sollte sich langsam an die Belastung herantasten und nicht gleich von null auf hundert durchstarten. Einerseits um die Lunge an die Kälte zu gewöhnen, andererseits weil nur warme Muskeln leistungsfähig sind.  

Nach dem Training ist das Immunsystem geschwächt.

Faktencheck: Richtig

Langfristig stärkt Sport zwar das Immunsystem. Doch direkt nach dem Training ist der Körper anfälliger für Viren und Bakterien. Betschart rät daher, öffentliche Verkehrsmittel und grosse Menschenansammlungen direkt nach dem Sport zu meiden. Und ausserdem das Stretching, den Schwatz oder die Kräftigungsübungen nach drinnen in die Wärme zu verlegen.  

Expertentipp

«Sport zu treiben ist immer gesünder als sich nicht zu bewegen – auch im Winter. Das gilt auch für Menschen mit Herzerkrankungen oder Asthma. Intensität und Dauer der Belastung sollte man aber  unbedingt den Temperaturen und dem Gesundheitszustand anpassen sowie mit einem Arzt besprechen. Wichtig ist auch, nach dem Sport die allgemeinen Hygieneregeln zu beachten, da das Immunsystem kurzfristig geschwächt ist. Bei Freizeitsportlern sollte es aber nach einem Tag wieder voll funktionstüchtig sein.»

Hanspeter Betschart, Sportarzt und Leiter des Medical Teams von Swiss Ski Nordisch und Swiss Sliding

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