Dossier: Gesundes Herz

Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Überblick

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in der Schweiz. Doch je früher eine Diagnose gestellt wird, desto höher sind die Überlebenschancen. Prof. Dr. med. Frank Ruschitzka vom Unispital Zürich gibt einen Überblick über die häufigsten Krankheiten.

Aufgezeichnet von: Anne-Sophie Keller; Foto: iStock; Porträt: USZ

Mit über 20 000 Todesfällen pro Jahr sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach wie vor die häufigste Todesursache in der Schweiz. Die gute Nachricht: Je früher eine Diagnose gestellt und eine gezielte Herzinfarkt-Behandlung eingeleitet wird, desto höher sind die Überlebenschancen der Betroffenen. Besonders wichtig ist es, Risikofaktoren rechtzeitig zu erkennen und Gegenmassnahmen einzuleiten, denn Prävention ist die beste Therapie.

Ein gesunder Lebensstil, regelmässige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf Rauchen können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich senken und Herzinfarkten vorbeugen. Zusätzlich trägt die frühzeitige Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes oder erhöhten Cholesterinwerten entscheidend dazu bei, das Risiko weiter zu reduzieren und das Herz zu schützen.

Welche sind die häufigsten Herzkrankheiten?

Prof. Dr. med. Frank Ruschitzka, Direktor der Klinik für Kardiologie am Universitätsspital Zürich, gibt einen Überblick über die häufigsten Herzkrankheiten und erklärt, welche Risikofaktoren Patientinnen und Patienten beeinflussen können:

Koronare Herzkrankheit

Die Herzkranzgefässe, auch als Koronararterien bezeichnet, sind für die Versorgung des Herzmuskels mit sauerstoffreichem Blut essenziell. Sie verzweigen sich von der Hauptschlagader (Aorta) aus und verlaufen über die Oberfläche des Herzens, um alle Teile des Herzmuskels gleichmässig mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen.

Eine ausreichende Durchblutung durch die Koronararterien ist entscheidend, um die kontinuierliche Pumpleistung des Herzens sicherzustellen und die Sauerstoffversorgung des gesamten Körpers aufrechtzuerhalten.

Wenn sie sich verengen, spricht man von einer koronaren Herzkrankheit. Im schlimmsten Fall entwickelt sich ein kompletter Gefässverschluss, der zu einem Herzinfarkt führen kann. Koronare Herzkrankheiten gehören zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders gefährdet sind Männer, die älter als 45 Jahre sind, sowie Frauen über 55 Jahre.

Angina Pectoris 

Angina Pectoris bedeutet wörtlich Engegefühl im Brustbereich. Sie ist ein Symptom der koronaren Herzkrankheit und kann somit auch ein Vorbote für einen Herzinfarkt sein.

Herzinfarkt

Viele Herzinfarkte kommen wie aus dem Nichts. Plötzlich treten starke Schmerzen in der Brust auf, welche typischerweise von drückendem Charakter sind und manchmal in den Arm oder Hals ausstrahlen.

Gerade bei Frauen, Diabetikern und Diabetikerinnen oder älteren Patientinnen und Patienten werden jedoch häufig auch atypische Symptome wie Übelkeit, Müdigkeit oder Bauchschmerzen beobachtet. Dies führt dazu, dass die Betroffenen die Beschwerden meist unterschätzen und ein schnelles Erkennen eines Herzinfarktes schwieriger ist.

Es kann auch sein, dass ein Herzinfarkt vollkommen ohne Symptome auftritt, in diesem Fall spricht man von einem «stummen Herzinfarkt».

Folgende Symptome weisen auf einen Herzinfarkt hin:

  • starke Schmerzen, Druck, Klemmen oder Brennen in der Brust
  • Ausstrahlung der Schmerzen in die Arme, den Hals, Kiefer oder den Oberbauch
  • Atemnot und Todesangst
  • kalter Schweiss und Schwäche
  • Übelkeit und Erbrechen

Auch wenn Symptome unspezifisch und unklar sind, ist eine notfallmässige Diagnostik und Behandlung von Herzinfarktpatienten und -patientinnen wichtig. Zögern Sie also nicht, den Rettungsdienst zu rufen oder ein Zentrumsspital aufzusuchen, wenn plötzliche Beschwerden auftreten. Der Arzt oder die Ärztin können dann die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Schritte einleiten. Nach Diagnosestellung wird im Spital die Behandlung mit einem Herzkatheter eingeleitet. Ziel ist es, das verschlossene Herzkranzgefäss möglichst schnell wieder zu eröffnen, die Funktion des Herzens wiederherzustellen und bleibende Schäden am Herzen zu vermeiden.

Herzinfarkt bei Frauen

Die Symptome eines Herzinfarkts bei Frauen können subtiler und weniger eindeutig sein als bei Männern, was zu einer verspäteten Diagnose führen kann. Frauen erleben oft atypische Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Rücken-, Kiefer- oder Halsschmerzen und starke Müdigkeit.

Brustschmerzen oder -druck können ebenfalls auftreten, sind aber häufig weniger intensiv als bei Männern. Auch Kurzatmigkeit, Schwindel oder ein allgemeines Gefühl von Unwohlsein und Angst können Anzeichen eines Herzinfarkts bei Frauen sein.

Da die Symptome nicht immer offensichtlich auf einen Herzinfarkt hinweisen, ist es wichtig, dass Frauen diese unspezifischen Zeichen ernst nehmen und rechtzeitig medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.

Aufgrund der bedeutenden Unterschiede zwischen Frauen und Männern hinsichtlich Diagnose, Krankheitsverlauf und Therapie wurde an der Klinik für Kardiologie am Universitätsspital Zürich eine Women’s Heart Sprechstunde eingerichtet.

Herzinsuffizienz/Herzschwäche

Verschiedenste Herzerkrankungen können zu einer Herzinsuffizienz führen. Mit zunehmender Herzinsuffizienz kann der Herzmuskel so geschwächt sein, dass er nicht mehr genügend Blut durch den Körper zu pumpen vermag, um den Bedarf der Organe zu decken.

Die Folge: Organe, Muskeln und Gewebe erhalten nicht mehr genug Sauerstoff und Nährstoffe. Zudem sammelt sich Wasser in Beinen, Bauchraum und der Lunge an. Die häufigsten Symptome sind Kurzatmigkeit, geschwollene Beine, zunehmende Müdigkeit und Leistungsintoleranz. Es können jedoch auch verschiedene andere Symptome wie Herzrasen, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden auftreten.

Herzklappenfehler

Gesunde Herzklappen sind wichtig, damit das Herz seine Aufgabe erfüllen und Blut durch den Kreislauf pumpen kann. Wie ein Ventil stellen die Herzklappen sicher, dass das Blut in die richtige Richtung gepumpt wird und das Herz effektiv arbeitet.

Jede Klappe besteht aus dünnen Gewebefläppchen (Segeln oder Taschen), die sich öffnen und schliessen, um den Blutstrom zu regulieren. Die Herzklappen können aufgrund genetischer Veranlagung verengt sein (Stenose), sich im Lauf des Lebens verengen oder nicht mehr korrekt schliessen (Insuffizienz). 

Ist eine Herzklappe undicht oder verengt, merken die Betroffenen anfangs zwar nichts davon, aber mit der Zeit stellen sich Beschwerden ein. Erkrankte leiden dann manchmal unter einer Herzschwäche, die etwa Atemnot, verringerte Leistungsfähigkeit und Hustenreiz auslösen kann. Im fortgeschrittenen Stadium können auch Herzrhythmusstörungen auftreten. Bei einer akuten bakteriellen Infektion im Körper können sich ausserdem Keime auf der Klappenoberfläche anheften und dort gefährliche Veränderungen hervorrufen.

Herzrhythmusstörungen

Von einer Herzrhythmusstörung sprechen wir, wenn das Herz schneller als 100-mal oder langsamer als 60-mal pro Minute schlägt, wenn es unregelmässig schlägt oder wenn es zu Pausen kommt, die länger als drei Sekunden dauern. Herzrhythmusstörungen können sich neben Herzrasen, -stolpern oder einem verlangsamten Schlag unter anderem auch in Schwindel oder Ohnmacht zeigen.

Häufig liegt ausgeprägten Herzrhythmusstörungen eine Erkrankung zugrunde. Ob eine Herzrhythmusstörung gefährlich ist und behandelt werden muss, sollte eine Kardiologin oder ein Kardiologe nach einer ausführlichen Untersuchung entscheiden. Dabei sollten neu auftretende Beschwerden wie Schwindelgefühl, eine Leistungsminderung oder Brustschmerzen zwingend abgeklärt werden.

Herzrhythmusstörungen behandeln

Eine Behandlung ist dann notwendig, wenn die Herzfunktion und damit auch die Lebensqualität des Patienten durch die Rhythmusstörung beeinträchtigt wird. Herzrhythmusstörungen werden in der Regel dann besonders gefährlich, wenn sie bei Herzerkrankungen wie einem Herzinfarkt oder einer Herzschwäche auftreten.

Manche Herzrhythmusstörungen lassen sich relativ einfach beheben, insbesondere wenn Schlafmangel, Stress, eine Störung des Mineralstoffhaushalts oder ein übermässiger Genuss von Kaffee und Alkohol vorliegen. Medikamente können helfen, die Rhythmusstörungen zu unterdrücken und werden vor allem zur Vorbeugung und Behandlung von akut auftretenden oder chronischen Herzrhythmusstörungen eingesetzt. 

Helfen die Medikamente nicht dauerhaft, können mit modernen, minimalinvasiven Katheterverfahren gezielt die Stellen im Herzen verödet werden, welche die Störung auslösen. Dies kann bei einer Reihe von Herzrhythmusstörungen helfen, das Herz wieder in den richtigen Takt zu bringen. Grundsätzlich gilt: Je früher die Behandlung, desto höher die Erfolgschancen.

Welche Folgen haben Entzündungen des Herzens?

Die Entzündungen werden danach unterschieden, welcher Teil des Herzens angegriffen wird: Die Endokarditis betrifft die Herzinnenwand, die Myokarditis den Herzmuskel und die Perikarditis den Herzbeutel. Zudem tragen Entzündungsprozesse in den Gefässen zur Entstehung der Arteriosklerose bei. Dabei lagert sich Cholesterin an den Gefässwänden ab, und durch eingewanderte Entzündungszellen entstehen sogenannte «Plaques». Diese verengen die Gefässe, sodass nicht mehr ausreichend Blut durch sie fliessen kann.

Herzbeutelentzündung (Perikarditis)

Der Herzbeutel besteht aus zwei Schichten, deren Zwischenraum mit Flüssigkeit gefüllt ist. Dank dieser Flüssigkeit gleiten die beiden Perikard-Schichten aufeinander und das Herz kann sich mühelos ausdehnen und zusammenziehen.

Wenn sich bei einer Perikarditis diese Schichten entzünden, fliesst das dabei entstehende Sekret in den Zwischenraum und kann die Funktionsfähigkeit des Herzens beeinträchtigen. Auslöser einer Herzbeutelentzündung sind sehr häufig Viren, manchmal auch Bakterien. Oft tritt eine Perikarditis als Begleiterscheinung anderer Krankheiten auf.

Entzündung der inneren Herzschicht (Endokarditis)

Die Endokarditis ist eine Entzündung der inneren Herzschicht (Endokard), die auch die Herzklappen umfasst. Sie wird meist durch eine Infektion mit Bakterien, seltener durch Pilze, verursacht, die in den Blutkreislauf gelangen und sich an den Herzklappen ansiedeln. Die Bakterien können durch Hautverletzungen, Zahninfektionen, Operationen oder andere Eingriffe in den Körper gelangen.

Die Erkrankung führt zu einer Schädigung der Herzklappen, indem sie Gewebe zerstört und Ablagerungen (Vegetationen) bildet. Dies kann zu schwerwiegenden Komplikationen wie Herzklappenschäden, Herzinsuffizienz oder der Streuung der Infektion in andere Organe führen.

Menschen mit vorgeschädigten Herzklappen, künstlichen Herzklappen oder bestimmten Herzfehlern haben ein höheres Risiko. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Antibiotika, und in schweren Fällen kann eine Operation zur Entfernung der infizierten Klappe oder zum Klappenersatz erforderlich sein.

Herzmuskelentzündung (Myokarditis)

Bei einer Myokarditis entzündet sich der Herzmuskel. Mediziner unterscheiden zwischen einer akuten und einer chronischen Myokarditis. Bei einem chronischen Krankheitsverlauf kann sich der Herzmuskel mit der Zeit irreversibell erweitern (dilatative Kardiomyopathie), wodurch er an Pumpkraft verliert. Betroffene Menschen leiden dann an einer Herzschwäche und müssen normalerweise lebenslang Medikamente einnehmen.

Ursachen und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Es gibt Risiken für Herz-Kreislauf-Krankheiten, die man nicht beeinflussen kann. Dazu gehören das Alter, das Geschlecht, angeborene Herzfehler und die erbliche Veranlagung. Kommen in der Familie Herz-Kreislauf-Krankheiten vor, ist es umso wichtiger, auf eine gesunde Lebensweise zu achten. Bei den erworbenen Herzkrankheiten sind die Ursachen häufig Begleiterscheinungen eines ungesunden Lebensstils. 

Zu diesen ghören:

  • Bluthochdruck
  • Stress
  • Bewegungsmangel
  • ungesunde Ernährung
  • hohe Cholesterinwerte
  • Diabetes
  • erhöhter Alkoholkonsum
  • Rauchen

Bluthochdruck – der häufigste Risikofaktor

Gerade Bluthochdruck ist ein zentraler Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb sollte der Blutdruck mit zunehmendem Alter regelmässig zusammen mit den Cholesterin- und Blutzuckerwerten untersucht werden. Eine rechtzeitige Behandlung schützt nicht nur vor Herzkrankheiten, sondern verringert auch das Risiko eines Schlaganfalls.

In der Schweiz weist Schätzungen zufolge jede vierte erwachsene Person einen erhöhten Blutdruck auf. Bluthochdruck entwickelt sich still. Da er in der Regel keine Schmerzen verursacht, bleibt er oft lange Zeit unbemerkt. So weiss etwa jeder dritte Betroffene nicht, dass sein Blutdruck zu hoch ist. Bis erste Symptome auftreten, können daher Jahre oder Jahrzehnte vergehen.

Das ist jedoch tückisch: Auf Dauer kann Bluthochdruck Herz, Blutgefässe, Gehirn, Augen und Nieren schädigen. In der Folge steigt das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenerkrankungen. Umso wichtiger ist es daher, die Werte regelmässig kontrollieren zu lassen und auf Warnzeichen zu achten.

Zu den möglichen Symptomen von Bluthochdruck gehören:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Nasenbluten
  • Ohrensausen

Anzeichen für bereits eingetretene Organschäden können sein:

  • Kurzatmigkeit
  • Luftnot
  • Schmerzen und Enge in der Brust (Angina Pectoris)
  • Seh- oder Empfindungsstörungen
  • Herzinfarkt
  • Schlaganfall

Wichtig zu wissen

Schlaganfallähnliche Symptome wie Schwindel, Sehstörungen, Lähmungserscheinungen oder Bewusstseinsstörungen sind Anzeichen für einen hypertensiven Notfall.

Die Blutdruckwerte müssen in diesem Fall schnell gesenkt werden, weil sonst Organe wie Gehirn, Augen oder Herz Schaden nehmen. In solchen Fällen sollten Sie umgehend den Notruf 144 wählen.

Prof. Dr. med. Frank Ruschitzka ist Direktor der Klinik für Kardiologie am Universitätsspital Zürich.

Über den Experten

Prof. Dr. med. Frank Ruschitzka ist Direktor der Klinik für Kardiologie am Universitätsspital Zürich. 

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