Cholesterin: ein körpereigenes Multitalent
Es gibt Stoffe im Körper, die für vielerlei Funktionen verantwortlich sind – beispielsweise das körpereigene Cholesterin. Es ist ein wichtiger Baustein, der «gute» und «schlechte» Seiten hat.
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«Sie haben einen hohen Cholesterinspiegel»: Das hören in der Schweiz rund 12 von 100 Personen irgendwann einmal von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt. Mit einem «hohen Cholesterinspiegel» ist der Wert des Gesamtcholesterins im Körper gemeint. Er ist der in der Schweiz neben dem Blutzucker wohl am häufigsten gemessene Blutwert. Ist er zu hoch, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Arteriosklerose. Letztere ist eine Gefässerkrankung, bei der sich die Arterien durch krankhafte Ablagerungen verengen oder verhärten – mit möglichen Folgen wie Herzinfarkt oder Hirnschlag.
Cholesterin: Was ist das?
Zunächst einmal ist ein gesunder Organismus ohne Cholesterin gar nicht vorstellbar. Denn der körpereigene fettähnliche Stoff zirkuliert im Blut und ist vor allem für den Fettstoffwechsel notwendig. Er ist aber auch ein essenzieller Baustoff des Körpers, denn Cholesterin ist ein wichtiger Bestandteil jeder Zellwand und erhöht deren Elastizität. Zudem ist Cholesterin an der Herstellung von Hormonen und Vitaminen beteiligt und schleust Signalstoffe in die Zellen ein und wieder hinaus, zum Beispiel für den Stoffwechsel. Neuere Forschungen zeigen, dass der Körper Cholesterin auch zur Herstellung von herzstärkenden Botenstoffen nutzt. Produziert wird Cholesterin einerseits selbst durch die Leber, andererseits wird es durch die Ernährung aufgenommen.
Ist zu viel Cholesterin im Blut, spricht man von einem zu hohen Cholesterinwert oder medizinisch von Hypercholesterinämie – also mehr als die gesunden 140 Gramm, die ungefähr dem Gewicht eines Apfels entsprechen. Dabei gibt es zwei verschiedene Arten von Cholesterin – eine «gute» und eine «schlechte».
HDL und LDL: gutes und schlechtes Cholesterin
Da Fette nicht wasserlöslich sind, braucht es für deren Transport im Blut eine Art Container. Das sind die Lipoproteine. Lipo bedeutet so viel wie Fett, Proteine sind Eiweisse. Zwei Arten sind in Zusammenhang mit Cholesterin relevant:
- High-Density-Lipoprotein mit hoher Dichte, auch HDL-Cholesterin genannt, gilt als «gutes» Cholesterin. Es transportiert das überschüssige Cholesterin zurück in die Leber und schützt vor Arteriosklerose.
- Low-Density-Lipoprotein mit niedriger Dichte, auch LDL-Cholesterin genannt, gilt als «schlechtes» Cholesterin. Es transportiert das Cholesterin von der Leber zu den Zellen. Im Überschuss ist es schädlich für den Körper. Verbleibt zu viel LDL-Cholesterin im Blut, lagert es sich an den Innenwänden der Arterien ab. Dies führt zur Arteriosklerose mit Risiken für Herz und Gefässe.
Wie entstehen hohe Cholesterinwerte?
Im Allgemeinen sollte das Verhältnis des Gesamtcholesterins zum «guten» HDL einen Wert von 4:1 nicht übersteigen. In Schieflage gerät dieses Verhältnis durch unausgewogene, fettreiche Ernährung, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Stress sowie einen Mangel an Mikronährstoffen und Bewegung. Daneben können auch Erkrankungen oder Erbfaktoren die Blutfettwerte in die Höhe treiben.
Bei der genetisch bedingten Familiären Hypercholesterinämie dagegen stören defekte Gene den Fettstoffwechsel bereits in jungen Jahren. Viel häufiger jedoch erhöht sich der Cholesterinspiegel erst im Alter. Man spricht dann von erworbenen Formen.
Ein erhöhter Cholesterinspiegel verursacht keine Symptome
Hohe Cholesterinwerte bemerkt man in der Regel nicht. Die Wahrheit bringt deshalb oft erst eine einfache Blutuntersuchung beim Arzt oder in einer Apotheke ans Tageslicht. Neben dem Cholesterinspiegel werden dabei auch die sogenannten Triglyceride untersucht. Das sind eine Art von Fetten oder Lipiden, die im Blut zirkulieren. Sie spielen eine Rolle bei der Risikobeurteilung von Blutgefässerkrankungen. Wie Cholesterin werden auch Triglyceride von Lipoproteinen im Blut transportiert.
Beschwerden durch hohes Cholesterin treten erst durch die Folgeschäden verengter oder verhärteter Arterien auf, die zu Durchblutungsstörungen führen; diese äussern sich beispielsweise in einer Verengung der Herzkranzgefässe (Angina pectoris) oder bei einem Verschluss des Gefässes in einem Herzinfarkt oder Hirnschlag.
Wie senkt man den Cholesterinspiegel?
Eine frühzeitige Therapie kann Folgeschäden vorbeugen. Ab 40 Jahren sollte man seinen Cholesterinspiegel regelmässig kontrollieren lassen. «Am besten alle zwei bis fünf Jahre», rät Dr. med. Marc Jungi, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH bei Sanacare.
Nebst der Anpassung der Lebens- und Essgewohnheiten übernehmen cholesterinsenkende Medikamente, die Statine, eine präventive Rolle. Sie hemmen die Bildung von Cholesterin im Körper. Ein positiver Nebeneffekt: Statine wirken auch antientzündlich und helfen, Gefässverkalkungen vorzubeugen. Fortgeschrittene Stadien von Gefässverengungen oder -verstopfungen können endovaskulär, also innerhalb eines Gefässes, oder chirurgisch behandelt werden.
«Die Behandlung erfolgt in drei Schritten: 1. Situation verstehen, 2. Optimierungspotenzial evaluieren, 3. Patienten aufklären.»
«Die Behandlung erfolgt üblicherweise in drei Schritten», sagt Jungi. Schritt 1: Situation verstehen. Wie sieht der Lebensstil aus? Wie die Ernährung? Bestehen erbliche Vorbelastungen? Liegen weitere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor wie Diabetes, erhöhter Blutdruck, Nikotinkonsum? Schritt 2: Optimierungspotenzial evaluieren. Was kann selbst zur positiven Veränderung getan werden, beispielsweise Ernährungsanpassungen, Gewichtsabnahme, vermehrte Bewegung? Schritt 3: Patienten aufklären. «Nach den ersten drei Schritten gibt man den Patienten – bei insgesamt tiefem Risikopotenzial – mindestens ein halbes Jahr lang Zeit. Anschliessend wird mittels Blutwerten erneut überprüft, was durch die Optimierungshebel erreicht worden ist», schliesst Jungi ab.
Einnahme von Mikronährstoffen
Anpassung der Ernährung
Tägliche Bewegung
Ausreichend Schlaf
Über den Experten
Dr. med. Marc Jungi ist Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH in der Gruppenpraxisorganisation der Sanacare. Er ist Leiter des Fachbereichs Medizin der Sanacare AG mit 22 Gruppenpraxen in der Schweiz und arbeitet als Hausarzt in der Gruppenpraxis Bern.
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